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Das Archivbild vom 17.12.1943 zeigt den Bakteriologen Alexander Fleming in seinem Laboratorium im St. Mary Hospital in London.

Foto: APA/dpa
Frankfurt/Main - Die grünliche, wenig Vertrauen erweckende Brühe rettete Millionen Menschen das Leben. Am 5. September vor 75 Jahren machte der schottische Bakteriologe Alexander Fleming die Entdeckung seines Lebens: das Penizillin. Nachdem er aus seinem Urlaub in sein Labor zurückgekehrt war, fand er in einer nicht gesäuberten Bakterien-Anzuchtschale eine Verunreinigung mit einem Schimmelpilz.

"Der Pilz gelangte wohl zufällig aus einem mykologischen Labor ein Stockwerk tiefer in die Räume von Fleming", berichtet Christoph Gradmann, Medizinhistoriker an der Universität Heidelberg. Doch statt die Verunreinigung einfach wegzuwerfen, forschte Fleming nach, warum der Schimmelsaft den Eiter-Erreger vom Typ Staphylococcus vernichtet hatte. Er erkannte, dass der entdeckte Pilz penicillium notatum krank machende Bakterien in seinem Wachstum hemmt. Damit war der Grundstein für eine Penizillin-Therapie gelegt.

Keine Produktion in größeren Mengen

Einige Jahre später zeigte sich die Therapie hoch wirksam bei Lungenentzündung, Gonorrhöe, Kindbettfieber, Sepsis, Cholera, Wundeiterung oder auch bei bakteriellen Hirnhautentzündungen. "Starben früher 80 Prozent aller Patienten mit einer Lungenentzündung, hat sich die Zahl nach Einführung der Penizillin-Behandlung auf 20 Prozent verringert", sagt Gradmann.

"An eine klinische Anwendung hatte Fleming anfangs aber noch gar nicht gedacht", sagt auch Jürgen C. Frölich, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Denn der Bakteriologe habe es nicht geschafft, Penizillin in größeren Mengen zu produzieren. 1930 setzte dann ein Schüler Flemings Rohpenizillin bei Patienten in einem Krankenhaus in Sheffield ein, die unter lebensgefährlichen Wundinfektionen litten. Man habe zwar erste gute Resultate erzielt, wusste jedoch nicht, wie und mit welcher Dosis die Pilzsubstanz wirkt.

Nobelpreis für Medizin

Erst 1938 stießen der australische Pathologe Howard Walter Florey und der aus Nazi-Deutschland emigrierte Biochemiker Ernst Boris Chain auf die Veröffentlichung Fleming. Sie schafften es, Penizillin zu isolieren und in großen Mengen herzustellen. Fleming, Florey und Chain erhielten für ihre Forschungen 1945 den Nobelpreis für Medizin.

Auch wenn vor allem in den USA die Penizillin-Produktion in den 40er Jahren vorangetrieben wurde, profitierte die Zivilbevölkerung davon erst einmal nicht. "Das Penizillin wurde für die Armee reserviert", sagt Frölich. Die Zivilärzte versuchten dagegen auf eigene Faust, das Antibiotikum für ihre Patienten zu züchten. "Es gab sogar einen Arzt in der Karibik, der die Substanz in alten Gin-Flaschen kultivierte", sagt Gradmann.

Grenzen

Doch früh wurde deutlich, dass Penizillin auch seine Grenzen hat. Bereits 1945 warnte Fleming davor, dass Bakterien gegen die Arznei Resistenzen bilden können. Da sich die Keime alle 20 Minuten verdoppeln, entstehen immer wieder zufällige Erbgutveränderungen. Verschiedenartige Bakterien können zudem ihr Erbgut untereinander austauschen. So kann es den Erregern gelingen, die Wirkung der Antibiotika durch Mutation aufzuheben.

"Eine Resistenzbildung wird gefördert, wenn die Antibiotika zu kurz oder zu niedrig dosiert angewendet werden", sagt der Pharmakologe Fritz Sörgel von der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG). Wirkungslos seien die rund 70 auf dem Markt befindlichen Antibiotika gegen Viren. Trotzdem würden Ärzte diese auch bei viralen Infektionen immer wieder verschreiben und so Resistenzen fördern. Insgesamt seien immer mehr Bakterien gegen einzelne oder mehrere Antibiotika widerstandsfähig. (APA/AP)