Nichts Brauchbares haben wir also bei uns, außer unserem alten Kompass, der uns gerade im Stich lässt. Warum eigentlich, wir rätseln. Eingepackt wie die Eskimos befinden wir uns im Jahre 1908, ein Jahr bevor Robert Peary am 6. April 1909 als erster Mensch den nördlichsten Flecken Erde betreten wird. Kein Fähnchen im Schnee, keine Markierungen, kein Forschungsgebäude, keine Menschenseele. Nicht einmal ein Pinguin in Sicht.
Und desinformiert sind wir, wir kennen uns, stellen wir zitternd fest, der Heimmarsch steht bevor, im Grunde gar nicht aus. Alles ist hell, seit Stunden ist es hell, der Himmel ist bedeckt, die Sonne aber lässt sich genau so wenig blicken wie sie verschwindet. Wohin wir auch gehen, überall ist südlich. So kommen wir jedenfalls nicht weiter.
Magnetische Manipulation
Am geografischen Nordpol und am geografischen Südpol kreuzen sich die Linien der Längengrade. Anders formuliert: die gedachte Erdachse durchstößt die Erdoberfläche. Eine weitere abstrakte Bestimmung, die uns frierende Wanderer nicht weiterhilft, ist seine simple Position N 90 ° 0,0 ' E 0 ° 0,0. (Der geografische Südpol, zuerst von Roald Amundsen und seinem Team im Jahre 1911 gestürmt, hat entsprechend die Position S 90 °.) Wahrnehmen kann man seinen Standpunkt ohne menschlich gesetzten Hinweis also kaum.
Unseren Kompass können wir aus dem Grunde getrost in den Schnee schmeißen, weil die magnetischen Pole - nicht zu verwechseln mit den geografischen - wandern, und zwar um bis zu 80 km täglich. Der Kompass zeigt somit eher nach Osten oder Westen, denn nach Norden. Die Abweichungen betragen bis zu 180°.
Lediglich die Sonne bevölkert für sechs Monate den Himmel, um dann in eine ebenso lange Polarnacht zu sinken. Am Nordpol, dasselbe betrifft den Südpol, gehen die Sterne weder auf noch unter. Ein halbes Jahr lang müssten wir dort oben oder unten verweilen, um sicher sein zu können, dass das Expeditionsteam sein wahres Ziel erreicht hat. Welch kalter Gedanke.