Udine - Die Provinz Udine hat an diesem Wochenende ein katastrophales Ende der heißesten Sommerzeit seit Jahrhunderten erlebt. Schwere Niederschläge und Murenabgänge verursachten in der Nacht auf Samstag in den Gemeinden des nördlichen Teils der Provinz, unweit der österreichischen Grenze Schäden in Millionenhöhe. Zwei Menschen kamen dabei in Ugovizza, der von den Unwettern am stärksten betroffenen Gemeinde, ums Leben. Auch Straßen, Brücken und die Bahnverbindung nach Österreich wurden schwer beschädigt. In Österreich wurde vor allem Kärnten getroffen.

Verheerende Gewitter verwandelten das Kanaltal und den Canal del Ferro an der Grenze zu Österreich in eine Wüste aus Schlamm und Steine. In wenigen Stunden fielen auf den verdörrten Bergen der Gegend 300 Liter Regen pro Quadratmeter. Die Niederschläge dauerten zirka fünf Stunden; die nach Monaten ausgetrockneten Bäche der Gegend wuchsen zu enormen Flüssen an, die Gebäude, Hotels, Autos und Stromleitungen wegrissen. In Ugovizza wurde ein 45-jähriger Mann vor den Augen seiner Angehörigen von einer Mure begraben. Eine 50-jährige Frau wurde in ihrer Garage von einer Gerölllawine erdrückt

Wasserinferno

Die Bilanz des Wasserinfernos im nördlichen Teil der Provinz Udine ist verheerend: 260 Gebäude wurden beschädigt, sieben Häuser stürzten ein, die Bundesstraße 13 wurde auf mehreren Abschnitten wegen der Murenabgänge blockiert. 400 Personen mussten ihre Wohnungen in Ugovizza verlassen und die Nacht in einer Kaserne in Tarvis verbringen. In sieben Gemeinden, darunter Tarvis, Pontebba und Ugovizza wurden die Wasser-, Strom- und Telefonleitungen schwer beschädigt. In Pietragliata stürzten eine Brücke und ein Hotel ein. Die Schäden in der Provinz Friaul werden zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro geschätzt.

Feuerwehrmannschaften und Freiwillige arbeiteten pausenlos, um die Straßen und die Bahnlinien von den Steinen und dem Schlamm zu befreien, die das Verkehrssystem der Gegend stark beschädigt hatten. Die Bahnlinie Udine-Tarvis-Villach blieb unterbrochen. Die Bahngesellschaft Trenitalia führte eine Buslinie ein, um die Eurocity-Züge Venedig-Wien-Venedig zu ersetzen. Auf der Autobahn A23 bewegten sich am Sonntagnachmittag weiterhin Schlangen Richtung Grenze.

"Es wird Monate dauern, bis das Verkehrssystem in dieser Gegend wieder in Ordnung sein wird", meinte der Präsident der Region Friaul Julisch Venetien, Riccardo Illy, der mit einem Hubschrauber das vom Unwetter geschädigte Gebiet überflog. Illy versicherte, dass die Region sofort Notstandsmaßnahmen ergreifen werde, um die betroffenen Gemeinden in dieser schwierigen Phase zu unterstützen. Die Region forderte die Regierung in Rom auf, die Provinz Udine zum Katastrophengebiet zu erklären und Sonderhilfe für die am stärksten betroffenen Gemeinden zu gewähren.

Schwere Unwetter trafen auch andere norditalienische Regionen. In der Lombardei war das Valchiavenna-Tal nach mehreren Murenabgängen vorerst nur per Hubschrauber erreichbar. Ein 51-jähriger Mann wurde am Samstagabend in Val Blenio in der bergigen Gegend Valtellina (Norden der Lombardei) von einer Mure weggerissen, während er mit einem Traktor in der Nähe seines Hauses arbeitete. Er wurde am Sonntag weiterhin vermisst. Durch starke Winden wurden in der Provinz Novara am Freitagabend 13 Menschen verletzt. Im Trentino und in der Umgebung von Padua richteten heftige Regenfälle und Hagelschauer schwere Schäden an.

Italienische Wetterexperten warnten vor einem katastrophalen Herbst. Die Gefahr dramatischer Erdrutsche sei wegen der Rekordhitze der vergangenen drei Monate groß, warnten Klimaexperten. "Nach der katastrophalen Dürre dieser Monate könnte es zu einem Herbst der Überschwemmungen kommen", betonte der Chef des italienischen Zivilschutzes, Guido Bertolaso. Die italienischen Regionen seien bereits in Alarmbereitschaft versetzt worden. (APA)