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Demonstrierende Schiiten mit dem Portrait von Ayatollah Mohammad Baqer al-Hakims.

Foto: Reuters/andrews
Najaf/Bagdad - Zehntausende Schiiten haben am Samstag im Irak gegen den verheerenden Bombenanschlag demonstriert, dem am Vortag in der heiligen Stadt Najaf auch der Chef des "Obersten Rates der Islamischen Revolution" (SCIRI), Ayatollah Mohammed Bakr al Hakim, zum Opfer gefallen ist. In der Schiitenhochburg Najaf zogen mehr als 2000 Demonstranten durch die Straßen. Die Kundgebungsteilnehmer trugen Tafeln mit Hakims Porträt und riefen Parolen wie "Gott ist groß!", "Unser Führer Hakim ist tot!" oder "Wir rächen den Tod Hakims".

Auch Rufe wie "Tod den USA!" und "Tod Israel!" waren zu hören. Bereits am Samstag waren Tausende vor das Hauptquartier der US-Besatzungstruppen in Bagdad gezogen und hatten skandiert "Nein zu den USA, Nein zu Saddam, Ja zum Islam!"

Über eine Million Teilnehmer zur Beisetzung Hakims erwartet

Im Stadtzentrum von Basra gingen am Samstag rund 5000 Trauernde auf die Straße und zogen bis zur Al-Ebla-Moschee. Die Demonstranten gaben den USA und Großbritannien die Schuld für den Anschlag und die heikle Sicherheitslage im Irak. Hakims sterbliche Überreste wurden bisher noch nicht gefunden, wie ein SCIRI-Sprecher mitteilte. Die Bergungsarbeiten am Tatort vor der Imam-Ali-Moschee in Najaf, dem höchsten schiitischen Heiligtum in Irak, dauerten an. Nach moslemischer Tradition muss ein Toter binnen 24 Stunden beerdigt werden. Bei dem Anschlag am Freitag starben nach Angaben des US-Nachrichtensenders CNN mehr als 120 Menschen.

Nach unbestätigten Berichten sollen die sterblichen Überreste des SCIRI-Chefs zunächst nach Bagdad und dann nach Kerbala gebracht werden, bevor sie in Najaf beigesetzt werden. Zu der Trauerfeier in Bagdad werden am Sonntag über eine halbe Million Teilnehmer erwartet.

UNO will Mitarbeiter abziehen

Die Vereinten Nationen wollen die meisten ihrer Mitarbeiter aus dem Irak abziehen. Von den derzeit 400 internationalen UNO-Mitarbeitern soll nach Angaben des öffentlichen US-Rundfunks nur noch etwa jeder Zehnte in dem von den USA und ihren Verbündeten okkupierten Land bleiben. Der Sender berief sich auf UNO-Kreise in New York. Die humanitären Aufgaben der Vereinten Nationen, wie Verteilung von Lebensmitteln oder Gesundheitsfürsorge, würden aber weiter wahrgenommen und einheimischen Mitarbeitern übertragen, hieß es.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan hatte zuvor schon angedeutet, dass die Präsenz der Vereinten Nationen aus Sicherheitsgründen überprüft werden müsse. Bei dem Bombenanschlag auf das UNO-Hauptquartier in Bagdad am 19. August waren 23 Menschen getötet worden, unter ihnen der UNO-Sonderbeauftragte für den Irak, der Brasilianer Sergio Vieira de Mello.

Elf Tage nach dem Anschlag auf das UNO-Hauptquartier in Bagdad haben rund 150 Mitarbeiter der Vereinten Nationen vor der Ruine des "Hotel Canal" noch einmal ihrer getöteten Kollegen gedacht. Die UNO werde sich "aus Solidarität mit dem irakischen Volk" weiterhin im Irak engagieren, sagte Ramiro Lopes da Silva, Interims-Nachfolger von Vieira de Mello. Der UNO-Sicherheitsrat wolle Anfang September über den weiteren Einsatz im Irak debattieren.

Weiteres Fahrzeug mit Sprengstoff entdeckt

Der arabische TV-Sender Al Jazeera (Katar) meldete am Samstag, in der Nähe des Tatortes vom Freitag sei ein weiteres Fahrzeug mit Sprengstoff entdeckt worden. US-Truppen seien für die Entschärfung herangezogen worden. Allerdings verweigerten die Schiiten den US-Soldaten den Zutritt zum Anschlagsort und beriefen sich dabei auf religiöse Gründe.

Das Blutbad vom Freitag ist von allen religiösen Gruppierungen im Irak verurteilt worden, darunter den Sunniten und den mit dem SCIRI rivalisierenden radikalen Schiiten unter Muktada al Sadr. Der von den USA eingesetzte provisorische "Regierungsrat", in dem der SCIRI vertreten ist, rief in Bagdad eine dreitägige Staatstrauer aus. Auch im benachbarten Iran, wo Ayatollah Bakr al Hakim 23 Jahre lang im Exil gelebt hatte, gilt eine dreitägige Staatstrauer. (APA/AP)