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Der Chef der Linksdemokraten, Piero Fassino.

Foto: APA/ EPA/ Carlo Ferraro
Italien steht ein heißer Herbst bevor. Die Rezession bremst die Wirtschaftsentwicklung, die Inflation steigt, wichtige Reformen stehen aus. Gleichzeitig eskaliert die politische Auseinandersetzung. Wie vergiftet das politische Klima ist, zeigt eine Strafanzeige von Premier Silvio Berlusconi gegen Piero Fassino, den Chef der oppositionellen Linksdemokraten. Der Verleumdungsklage liegt der Fall Telekom Serbia zugrunde, der seit Monaten die Gemüter erhitzt.

Eine vom Rechtsbündnis eingesetzte parlamentarische Untersuchungskommission soll die Begleitumstände klären, unter denen Telecom Italia im Juni 1997 ein Drittel von Telekom Serbia übernommen hat. Kaufpreis damals: 893 Millionen Mark. Bei dem Geschäft mit Serbiens Präsident Slobodan Milosevic sollen vielen Millionen Dollar Schmiergelder geflossen sein, behaupten zwei schillernde Kronzeugen. Der in Turin wegen Finanzdelikten inhaftierte Tessiner Igor Marini beschuldigt Spitzenpolitiker des Mitte-links-Bündnisses Ulivo der Korruption: den damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi, die Oppositionsführer Piero Fassino und Francesco Rutelli sowie den früheren Vizepremier Walter Veltroni.

"Il Giornale" teilt aus

Fast wöchentlich wartet Marini mit neuen unbewiesenen Versionen auf. Zweiter Kronzeuge ist der mehrmals wegen Betrugs verurteilte Bankrotteur Giovanni Di Stefano, der in Belgrad mit dem berüchtigten Milizkommandanten Arkan befreundet war. Il Giornale aus dem Hause Berlusconi füttert Italiens Öffentlichkeit seit Monaten mit Verdächtigungen gegen Prodi und Fassino.

"Die Schlammschlacht hat genau zu dem Zeitpunkt begonnen, als Prodi seine Bereitschaft bekundete, bei den nächsten Wahlen als Spitzenkandidat gegen Berlusconi anzutreten", kritisierte Piero Fassino. Dann ging der Chef der Democratici di Sinistra noch einen Schritt weiter. "Marini ist ein ferngesteuerter Zeuge. Seine Einflüsterer sitzen im römischen Regierungspalast." Berlusconi antwortete umgehend mit einer Klage.

Prodi und Fassino sind durchaus bereit, vor dem U-Ausschuss auszusagen. Beide bestreiten kategorisch jede Beteiligung an dem Telecom-Deal. Fassino erklärte am Montag dem Corriere della Sera, nach dem Vertrag von Dayton seien 1995 alle Sanktionen gegen Jugoslawien aufgehoben worden. Das Telecom-Geschäft sei eine unternehmerische Entscheidung gewesen, erklärte Fassino, der damals Staatssekretär im Außenministerium war.

Er warf dem Rechtsbündnis vor, den Untersuchungsausschuss gezielt zur Verleumdung der Opposition einzusetzen: "Das wird wie ein Knüppel gegen uns verwendet." Im Fall Telecom ermittelt seit 2001 auch die Staatsanwaltschaft in Turin - bisher ohne konkrete Ergebnisse. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.9.2003)