Berlin - Ein besseres Neugeschäft hat einer Umfrage zufolge im August die Abwärtstendenz der deutschen Industrie erneut verlangsamt. Der Reuters-Einkaufsmanagerindex (EMI) stieg nach Angaben des Forschungsinstituts NTC vom Montag auf saisonbereinigt 48,8 von 48,1 Punkten im Juli. Mit einer weiteren Annäherung an die Wachstumsschwelle von 50 Zählern signalisierte der EMI, dass die Geschäftstätigkeit der Branche nur noch sehr langsam geschrumpft ist. "Der EMI zeigt, dass sich die gestiegenen Erwartungen langsam in Aktivität umsetzen. Wir scheinen die Wende geschafft zu haben und sind jetzt auf Kurs für ein Wachstum im vierten Quartal", sagte NTC-Chefvolkswirt Chris Williamson in einem Reuters-Interview.

Auch in der Euro-Zone bremste die Talfahrt im Verarbeitenden Gewerbe weiter ab. Dank einer stabilisierten Produktion und eines Plus bei den Neuaufträgen erreichte der Einkaufmanagerindex ein Sechs-Monats-Hoch von 49,1 Punkten. Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt einen deutschen EMI von 49,2 Zählern und für die Euro-Zone einen Indexwert von 49,0 erwartet.

Wende in der Nachfrage

"Der Hauptgrund für den Indexanstieg war die erneut leichte Auftragszunahme", erklärte NTC. Der Teilindex für Neuaufträge kletterte auf 50,9 Zähler, nachdem er im Juli auf 50,4 von 44,1 Punkten gesprungen war. Die Firmen verzeichneten im Gegensatz zum Vormonat diesmal nicht nur einen Anstieg der Bestellungen aus dem Inland, sondern auch aus dem Ausland. NTC-Volkswirt Williamson nannte den Anstieg der Auftragseingänge sehr ermutigend: "Die August-Umfrage signalisiert eine fundamentale Wende in der Nachfrage." Es sei nun unwahrscheinlich, dass der Anstieg lediglich auf die notgedrungene Aufstockung von leeren Lagern zurückgehe, wie NTC dies noch im Juli befürchtet hatte.

Trotz der leichten Auftragszunahme drosselten die deutschen Industriebetriebe jedoch abermals ihre Produktion. Der Rückgang war jedoch nur noch sehr gering: Der entsprechende Teilindex stieg auf 49,1 von zuletzt 48,1 Punkten. Viele Neuverkäufe deckten die Firmen NTC zufolge durch bestehende Lagervorräte, zudem zweifelten sie, ob die gestiegene Nachfrage andauern werde. Die Einkaufs- und Verkaufspreise gingen fast im gleichen Ausmaß zurück, taten dies jedoch langsamer als im Vormonat. Die Unternehmen bauten in fast unvermindertem Tempo Personal ab.

Warnung vor übertriebenen Hoffnungen

Williamson zufolge könnte die Hitzewelle zu einem weiteren Anstieg des Index im September beitragen. Es sei durchaus möglich, dass Firmen dann Produktion nachholen, die im August wegen der Hitzewelle ausgefallen sei. Die Saisonbereinigung des EMI würde die volle Wirkung der Hitzewelle nicht berücksichtigen. Dennoch warnte Williamson vor übertriebenen Hoffnungen: "Die Erwartungen laufen der Realität davon, auch wenn sich diese langsam in die gleiche Richtung bewegt." Zuletzt waren Stimmungsindikatoren wie der Ifo-Geschäftsklimaindex und der ZEW-Indikator deutlich gestiegen. Volkswirte bemängeln jedoch, dass sich die Hoffnungen auf eine Erholung bisher noch nicht in realwirtschaftlichen Daten - so genannten harten Zahlen - widergespiegelt haben.

Die Erholung in Deutschland und Europa dürfte nach Einschätzung von Williamson nur sehr langsam voranschreiten. Sorgen bereite ihm ferner die jüngste Beschleunigung des Abwärtstrends in Italien: "Deutschland ist nicht mehr die größte Sorge in Europa." Der Teilindex Produktion stieg den zweiten Monat in Folge und erreichte die Wachstumsschwelle von 50 Zählern, nachdem er vier Monate lang einen Rückgang der Produktion signalisiert hatte. In allen Ländern der Umfrage mit Ausnahme Italiens stieg der Produktionsindex an.

In Italien und Spanien gingen auch die Neuaufträge zurück. Erstmals seit Februar verbuchten die Unternehmen der Euro-Zone insgesamt allerdings einen minimalen Anstieg im Neugeschäft: Der entsprechende Teilindex legte auf 50,1 Punkte zu. Während Griechenland, die Niederlande und Österreich den stärksten Anstieg verbuchten, gab es ein leichtes Plus in Deutschland und Frankreich. (APA/Reuters)