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Foto: REUTERS/Mike Hutchings
Genf - Entwicklungsländer dürfen in ihrem Kampf gegen Krankheiten wie Aids, Malaria und Tuberkulose künftig billigere Nachahmer-Medikamente (Generika) importieren, wenn sie diese selbst nicht herstellen können. Die Welthandelsorganisation (WTO) stimmte am Samstag in Genf einer entsprechenden Lockerung des Patentschutzes zu. WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi sprach von einer "historischen Einigung". Hilfsorganisationen zeigten sich jedoch enttäuscht und nannten die Regelung unpraktikabel.

Bisher durften die ärmsten Länder derartige Medikamente in der Regel nicht einführen, sondern nur selbst herstellen. Die meisten Entwicklungsländer haben jedoch keine eigene Pharma-Industrie und waren somit von den billigeren Arzneimitteln ausgeschlossen. Importieren durften sie nur die teuren Medikamente der Patentinhaber - oder über Ausnahmegenehmigungen Generika aus Schwellenländern wie Indien oder Brasilien.

EU-Ansicht

Nach der Abstimmung in dem 146 Mitglieder umfassenden WTO-General-Rat erklärte WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi, die Regelung könne vor allem ärmeren Ländern bei der Bekämpfung von Krankheiten zugute kommen. Auch die Europäische Union begrüßte den WTO-Beschluss. "Zum Abschluss dieser Einigung waren zwar mehrere Monate nötig, sie zeigt aber, dass die WTO flexibel und pragmatisch auf die Sorgen der Entwicklungsländer antworten und zur Bekämpfung tödlicher Krankheiten beitragen kann", sagte EU-Handelskommissar Pascal Lamy.

Kritik

Die Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und Oxfam kritisierten jedoch, der Kompromiss sei an juristische, politische und wirtschaftliche Hürden gekoppelt. Trotz der neuen Regelung sei der Erwerb von Generika für die Entwicklungsländer nur schwer möglich. Die Einigung vom Samstag werde ihrem ursprünglichen Ziel nicht gerecht und sei völlig unpraktikabel, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Tobias Luppe von Ärzte ohne Grenzen: "Diese Regelung kommt vor allem den Interessen der USA und den Pharmaunternehmen der Industrieländer nach. Sie bringt jedoch kaum Verbesserungen für Patienten in ärmeren Ländern."

Die jetzt gefundene Lösung wurde von den USA, wo einige der weltweit größten Pharma-Konzerne ihren Sitz haben, Brasilien und Indien, in denen viele Generika-Herstellerfirmen arbeiten sowie Kenia und Südafrika ausgearbeitet. In Kenia und Südafrika sind bereits Millionen Menschen an Aids gestorben.

Festgelegte Maßnahmen

Vor allem die USA hatten sich im Interesse der eigenen Pharmaindustrie lange Zeit einer Lockerung der Bestimmungen widersetzt, vor dem Genfer Treffen aber ihren Widerstand aufgegeben. In der Einigung wurde den Bedenken Rechnung getragen. Es wurden Maßnahmen festgelegt, mit denen ein Schmuggel der Generika in die Industriestaaten verhindert werden soll. So sollen die Medikamente für die Entwicklungsländer in besonderen Verpackungen oder anderer Form geliefert werden. Die Industrienationen sollen sich verpflichten, von der Möglichkeit des Re-Imports keinen Gebrauch zu machen. (APA/Reuters/AP)