"Die Wirtschaft regiert den Globus" - Global 2000 demonstriert vor dem Parlament mit einem aufgeblasenen Wirtschaftsboss

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Wien - "Wir wehren uns gegen diese neoliberale Grundhaltung. Die Regierung darf nicht so tun, als wäre die WTO ein Naturereignis", kritisierte die Grüne Wirtschaftssprecherin Michaela Sburny die österreichische Regierung bei einer Enquete zur WTO Ministerkonferenz in Cancun (Mexiko), zu der ihre Partei heute in Wien geladen hat. Die Grünen fordern, den Grundsatz des Freihandels stärker unter dem Aspekt wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte und Umweltschutz zu sehen, sowie mehr Transparenz in den internen und externen Abläufen der WTO.

"Sie dürfen den österreichischen Stellenwert im internationalen Zusammenhang nicht überschätzen", konterte der Sektionschef im Wirtschaftsministerium und stellvertretenden Leiter der österreichischen Delegation in Cancun, Josef Mayer, auf den Vorwurf, die österreichische Regierung setzte sich nicht ausreichend für eine Neuorientierung der WTO ein.

Wellen

Gerade bei Themen wie der öffentlichen Daseinsvorsorge, die in Österreich große Wellen geschlagen haben, sei die Ausgangssituation schon innerhalb der 15 EU-Staaten sehr unterschiedlich und noch viel mehr bei allen 146 WTO-Mitgliedsländern, betonte Mayer. Durch das Konsens-Prinzip - jedes Land hat eine Stimme - habe auch jeder Mitgliedstaat die Möglichkeit die Zustimmung zu verweigern.

Kritik an den WTO-internen Prozessen übte Elisabeth Türk, Juristin im Center for International Environmental Law (CIEL), einer nicht profitorientierten US-Anwaltskanzlei. Zum einen reflektiere der aktuelle Entwurf für die Ministererklärung in Cancun in vielen Punkten nicht die tatsächliche Diskussion in der Zivilgesellschaft bzw. sei die Position der Entwicklungsländer oft nicht gleichermaßen berücksichtigt wie die der Industriestaaten.

Beim strittigen Thema Investitionen gebe es zwar für die Ministererklärung in Cancun zwei Optionen - den Beschluss, konkrete Verhandlungen aufzunehmen oder das nicht zu tun und den so genannten Studienprozess fortzusetzen -, allerdings sei nur die Aufnahme der Verhandlungen im Anhang näher ausgeführt. Ein Papier Indiens mit Details zu dem von vielen Entwicklungsländern präferierten Evaluierungsprozess sei dagegen nicht aufgenommen worden. Die Entstehung der Texte sei generell transparenter zu gestalten, fordert die Juristin.

Türk betonte aber auch, dass es gerade bei Investitionen extrem unterschiedliche Positionen zwischen den Industrieländern gebe. Während die EU, aber auch Japan und die Schweiz ein multilaterales Investitionsschutzabkommen gerne so rasch wie möglich auf die Tagesordnung der WTO bringen will, hätten die USA wenig Interesse daran - nicht zuletzt, weil sie mit vielen Ländern derzeit schon vorteilhaft bilateralen Vereinbarungen haben. Ein multilaterales Vertragswerk könnte daher möglicherweise einen Rückschritt für die USA bedeuten, so Türk.

Auch Mayer betonte, dass die Darstellung "Nord" gegen "Süd" nicht der Realität in der WTO entspreche. "Die Industrieländer und die Entwicklungsländer sind keine homogenen Blöcke", betonte der Sektionschef. Auch innerhalb der EU gebe es verschiedene Zugänge, die durch die Erweiterung noch stärker würden. (APA)