Brüssel - Die Europäische Union und die USA haben in Fragen der Landwirtschaft ungeachtet ihres gemeinsamen Vorstoßes für die Welthandelsgespräche im mexikanischen Cancun unterschiedliche Interessen. Der gemeinsame Vorschlag für die Agrarverhandlungen kommende Woche stelle deshalb auch "keine strategische Allianz" dar, erklärte EU-Handelskommissar Pascal Lamy der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag in Brüssel.

Um in den WTO-Verhandlungen voran zu kommen, sei aber für eine bestimmte Anzahl von Themen eine Mindestübereinstimmung zwischen der EU und den USA eine notwendige Bedingung, rechtfertigte Lamy die Absprachen mit den USA. Ausreichend für den Erfolg der Handelsrunde sei dies allerdings nicht.

Lamy erklärt Unterschiede

Die durchschnittliche Betriebsgröße eines EU-Bauernhofs liege bei 20 Hektar gegenüber 200 Hektar in den USA, erläuterte der Chef der Brüsseler Delegation mit Blick auf die Verhandlungen unter dem Dach der Welthandelsorganisation WTO. Die US-Landwirtschaft exportiere vor allem unverarbeitete Grundstoffe, die Europäer dagegen hauptsächlich veredelte Produkte. Deshalb konzentriere sich die EU-Verhandlungsstrategie auch auf diese Produkte, die der EU im Agrarhandel mit den USA einen Überschuss einbrächten.

Lamy verteidigt unterschiedliche Behandlung von Nicht-Industrieländern

Lamy verteidigte den mit Washington vereinbarten Vorschlag, Agrarexporte aus Entwicklungs- und Schwellenländern zu Gunsten der ärmsten Staaten unterschiedlich zu behandeln. Der Umstand, dass die EU beispielsweise Zucker für 600 Euro je Tonne produziere, Entwicklungsländer dagegen für 250 Euro, sei zwar untragbar. Eine völlige Liberalisierung des Welthandels mit Zucker würde aber dennoch keine Lösung darstellen.

Besonders die Länder Afrikas würden kaum von einer solchen Liberalisierung profitieren, argumentierte Lamy. "Brasilien würde dann Dreiviertel des Kuchens bekommen, Thailand zehn Prozent und für die anderen bliebe dann nicht viel übrig." Die EU-Agrarpolitik müsse zwar revidiert werden, räumte der Kommissar ein. Dass dies mit der Vorgabe zu geschehen habe, alles zu liberalisieren, bedeute dies aber "sicherlich nicht".(APA)