Auf einen "mächtigen Impuls" für die Beziehungen hoffe er, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin nach dem Treffen mit Saudi-Arabiens Kronprinz Abdullah im Kreml. Das Ereignis ist historisch. Seit Dienstag besucht zum ersten Mal nach 71 Jahren ein saudisches Oberhaupt - de facto regiert Abdullah anstelle des kranken Königs Fahd - Russland.

Dass das distanzierte Verhältnis wärmer wird, belegt vor allem die unterzeichnete Vereinbarung, in "der Stabilitätssicherung auf dem internationalen Ölmarkt" zu kooperieren. Saudi-Arabien, größter Erdölexporteur und tonangebend in der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec), hätte gerne mehr erreicht, nämlich den größten Ölkonkurrenten außerhalb der Opec an Förderquoten und Preisregeln zu binden.

Riad sucht derzeit Verbündete, die angesichts bevorstehender Exportsteigerungen aus dem Irak zu einer Drosselung der Förderung bereit sind, um einen Ölpreisverfall zu verhindern. Wie schon nach dem 11. September 2001 signalisierte Moskau immerhin guten Willen, wiewohl es jegliche Bindung ablehnt. Russland, dessen Wirtschaft großteils vom Ölexport abhängt, ist selbst nicht an einem Preisverfall interessiert.

Die Annäherung mit Saudi-Arabien fällt in eine Zeit, da Russland seine Nähe zur islamischen Welt propagiert. Erst vor drei Wochen hat Putin verkündet, der aus 57 Staaten bestehenden Islamischen Konferenz beitreten zu wollen. Dies zielt einerseits auf Stimmen im islamischen Bevölkerungsteil (rund 20 Millionen) bei den russischen Wahlen, andererseits auf die Versöhnung mit der wegen des russischen Vorgehens in Tschetschenien aufgebrachten islamischen Welt. "Wir haben die arabisch-islamische Welt immer als einen unserer nächsten Partner und Verbündeten erachtet", warb Putin nun auch gegenüber Abdullah um Unterstützung für den Beitritt.

Hinter der Rhetorik verbergen sich aber starke Differenzen hinsichtlich Tschetscheniens. Russland beschuldigt Saudi-Arabien, Rebellen zu finanzieren und radikalislamische Bewegungen auf exsowjetischem Gebiet gegen die russische Staatsmacht aufzuwiegeln. Dass Saudi-Arabiens Oberster Religionsrat jüngst alle Terroraktionen verurteilte und die Regierung selbst härter gegen fundamentalistische Strömungen vorgeht, wurde in Russland entsprechend positiv aufgenommen. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.9.2003)