Am 12. Oktober 2003 gelangen 185 Posten zur Auktion.

Salzburg - Ein mitleidiges Lächeln erntete er, wenn er von seinen Berufswünschen erzählte. "Postkarten verkaufen" klang doch zu exotisch. Oder zu banal. Jetzt staunt man eher über ihn. Markus Weissenböck spezialisiert sich auf historische Postkarten, die von topografischen Karten über Krampuskarten bis zu Propagandapostkarten reichen.

Zu seinem besten wie renommiertesten Spezialgebiet zählen jedoch die Postkarten der Wiener Werkstätte, die der seit einem Jahr in der Salzburger Innenstadt ansässige Händler in die ganze Welt auch über zweimal jährlich stattfindende Auktionen vertreibt. Anlässlich von 100 Jahre Wiener Werkstätte ist es am 12. Oktober wieder so weit. Die diesmal präsentierte ausgezeichnete Sammlung, welche laut Weissenböck höchstens alle zehn Jahre auftaucht, bekam er von einem Sammler wegen des Erfolges früherer Auktionen.

Eine Löffler-Postkarte, die diesmal auch angeboten wird, ging zum Beispiel am 15. November 2002 für 7000 Euro inklusive Zuschläge weg. Es sei die einzige Werbekarte der Wiener Werkstätte, versucht Weissenböck den hohen Preis dafür zu erklären.

Dazu kommen noch Merkmale und Kriterien, die für Angebote am Kunstmarkt generell und weltweit gelten: bester Erhaltungszustand und Seltenheit. Auch das Postkartengeschäft macht da keine Ausnahme, dass "Qualität teurer wird und Quantität billiger: Das, was früher 1000 kostete, ging auf 2000; das, was 500 kostete, fiel auf 300 zurück", so Weissenböck.

Zu dem kommt noch, dass Postkarten ein Gebrauchsartikel waren und dass Material für mehrere Händler gar nicht da wäre: "Wir wissen nicht genau, was es gibt", meint der gebürtige Grazer, der vielleicht deshalb auch für den Eigenbedarf Unikate sammelt, nämlich handbemalte Postkarten. Dachböden, auf denen neue Stöße tollen Materials auftauchen, gäbe es schon lange nicht mehr, meint Weissenböck.

Seit seinem 13. Lebensjahr sammelte, tauschte und verkaufte der papa- und opamäßig von der Philatelie-Sammelei her angesteckte Mittdreißiger auf Flohmärkten im In-und Ausland. Die vorige auktionierte Sammlung, die Weissenböck zu 100 Prozent absetzen konnte, war bereits seit vierzig Jahren angelegt worden. WW-Karten von Kokoschka wurden übrigens schon viel früher gesammelt. Sie erzielten laut dem Experten immer schon hohe Preise, weniger wegen der Seltenheit, sondern wegen des Namens.

Kaum Fachliteratur

Bei der jetzigen Auktion stehen auch einige Schiele-Karten zum Verkauf, mit Rufpreisen um 2400 Euro. WW-Karten waren immer schon selten und sehr teuer. Dem Umstand, dass es kaum Literatur zum Thema gibt - es existiert ein mit größtenteils schwarz-weißen Abbildungen bestücktes Kompendium von Traude Hansen (1982) -, begegnet Weissenböck mit eigenen Publikationen, und das seit 1995, ab dem zweiten Geschäftsjahr seiner Firma.

Das bringt Vertrauen der Kunden und mehr Seriosität, die von Weltklassesammlern wie Leonard Lauder, Verwandter des ebenfalls kunstengagierten Ronald Lauder, honoriert wird: Der New Yorker zählt zu den Stammkunden. Die Klientel, "zum Großteil Männer über 50" (Weissenböck), komme aus Europa, Asien, den USA, Australien und Südafrika.

Zum Thema Propagandapostkarten - quasi historische Werbepostkarten des Nationalsozialismus, des Faschismus, des Kommunismus - meint Weissenböck, dass vieles eine Frage der Präsentation sei. Hier mit Wiederbetätigung und Verbot zu kommen gehe in die falsche Richtung. Es gebe immer wieder Leute, die das missbrauchen. Dass es irgendwann kein Material gibt, daran glaubt Weissenböck nicht, bis dato werde immer wieder weitervererbt.

"Museumsstücke"

Daran braucht er jetzt noch nicht zu denken: Seine WW-Auktion beinhaltet u. a. seinen favorisierten Künstler, über den wenig bekannt sei, Rudolf Kalvach, der von Motiv und Ausführung seiner skurilen Arbeiten her seiner Zeit voraus gewesen sei. Elf charakteristische Karten stehen im Angebot, "die gehen weg", ist sich der Händler sicher. Gleiches gilt für "Museumsstücke", fünf Schablonen und der Andruck zur WW-Karte Nr. 541 (Limitpreis 1800€).

Seine Sammler bewahren ihre Schätze in Alben auf, manche hängen WW-Postkarten auch zu einem Jugendstilmöbel, erzählt Weissenböck, dessen Arbeit immer wieder neue Erkenntnisse bringt - manchmal erstaunliche: Im Zuge seiner Sammlungen stellte sich heraus, dass nur in der Habsburgermonarchie Krampuskarten produziert und geschickt wurden, die erste im Jahre 1897. Markus Weissenböck, Wolf-Dietrich-Straße 6a, 5020 Salzburg, Tel. (0662) 88 25 31. Auktion am 12. 10. im Hotel Mercure, Bayerhammerstr. 14, Salzburg. (Doris Krumpl/DER STANDARD; Printausgabe, 4.09.2003)