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Pittermann veranlasst Versetzungen

Foto: APA/ ROBERT JAEGER
Wien - Daran, dass das, was geschehen ist, inakzeptabel, unverzeihlich und erschütternd ist, will Elisabeth Pittermann nicht rütteln. "Das ist fürchterlich", erklärte die SP-Gesundheitsstadträtin am Donnerstag. "Was passiert ist, kann man nicht ungeschehen machen - aber es darf sich nicht wiederholen."

Patienten wurden bis zu sechs Wochen nicht gewaschen

In der Tat ist schockierend, was da in einem von Pittermanns Dienststelle in Auftrag gegeben Bericht über Zustände in der Station I des Pavillon 2 im Geriatriezentrum Wienerwald - vulgo "Pflegeheim Lainz" - bestätigt wird: Patienten wurden bis zu sechs Wochen nicht gewaschen. Manchen wurde - obwohl nicht inkontinent - Windeln angelegt. Bettlägrige Menschen wurden viel zu selten umgelagert. Patienten waren verwahrlost und schlecht betreut, Pflegeberichte unvollständig. Schon am frühen Nachmittag wurde Nachtruhe verordnet.

Pitterman wehrt sich

"Nichts davon ist zu tolerieren", kommentiert Pittermann die aufgelisteten Missstände - und wehrt sich gegen den Vorwurf, der Pflegeskandal hätte "der Öffentlichkeit vorenthalten" werden sollen: Dies hatte die "Kronen Zeitung" nämlich in ihrer Donnerstagausgabe behauptet, als sie den Skandal "exklusiv" vermeldet hatte.

Disziplinarverfahren wurden eingeleitet

Was die "Krone" nicht erwähnte: Bereits am 31. Juli - unmittelbar nach Vorlage des Berichtes im Gesundheitsamt - war der verantwortliche Pflegedirektor versetzt worden. Und gegen die für die Station verantwortliche Stationsschwester war ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Das Team der Station wird gerade ausgewechselt. Weitere disziplinäre Maßnahmen, so der Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes, Eugen Hauke, wolle und könne er nicht ausschließen. Überdies: So exklusiv und geheim, wie die Krone schrieb, ist der Bericht längst nicht. Sämtliche Vorwürfe waren bereits am 29. August im STANDARD nachzulesen. (Nachlese: Die Hitze, der Tod und die Stadt - Wien darf nicht Paris werden.)

Wie es zur exklusiven "Krone"-"Enthüllung" kam, erklärt Grün-Gemeinderätin Sigrid Pilz: "Ein Krone-Redakteur hat mich angerufen und gefragt, ob stimme, was im STANDARD steht." Pilz hatte Lainz schon früher im Visier: Vor einem Jahr hatte sie nach ähnlichen Gerüchten mit dem STANDARD Lainz besucht, aber keine Beweise gefunden.

Die nun offiziell aufgezeigten Missstände allein am Pflegepersonal festzumachen hielte Pilz für falsch: "Es gibt zu wenig Personal - und das ist unterbezahlt und überlastet." Die Gewerkschaft liefert die Zahlen dazu: In Lainz seien derzeit 70 Dienstposten unbesetzt. Die FPÖ fordert den Rücktritt Pittermanns, die ÖVP verlangt einen Sondergemeinderat. (rott, DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2003)