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Traditionelle Multifunktionäre und Beziehungsklubs wäre Geschichte, wenn es nach der KPMG geht

Foto: Archiv
Wien - Heimische Aufsichtsräte haben jüngst für eine Menge negativer Schlagzeilen gesorgt: Im Falle der Riegerbank-Pleite wussten sie von nichts; im Fall der Insider-Affäre um Franz Struzl waren sie zwar informiert, haben aber nicht gehandelt; bei staatsnahen Betrieben haben sie Managerverträge unterschrieben, die dem Stellenbesetzungsgesetz widersprechen.

Abgesehen davon leiden die Aufsichtsgremien aber auch unter Verdächtigungen, dass Mandate lediglich in einer Art klubartiger Beziehungspflege erlangt werden, weil standardisierte Rekrutierungsverfahren und Erfolgsmessung nicht Usus sind. Zudem bestehen rund 62 Prozent der heimischen Gremien aus Exmanagern der jeweiligen Firmen. Dass Aufsichtsräte zehn oder mehr unterschiedlichste Mandate besetzen, ist in Österreich keine Seltenheit.

Berufsaufsichtsräte

Bis jetzt, wie Ernst Haidenthaler, Geschäftsführer des Wirtschaftsprüfers KPMG in Österreich, glaubt. Denn er sieht starke Signale hin zu Berufsaufsichtsräten in Österreich. Die KPMG testiert mehr als die Hälfte der Bilanzen der heimischen Börsenfirmen. In Deutschland wird diese Diskussion derzeit ja sehr massiv geführt. Dass bereits zwei heimische Börsenfirmen ihre Aufsichtsräte erfolgsorientiert bezahlen, wertet er als Beginn eines Sinneswandels zum Berufsaufsichtsrat.

Das künftige Jobdesign der Berufsaufsichtsräte sieht Haidenthaler so: zehn bis 15 Jahre Berufspraxis, dazu erfolgsorientierte Entlohnung und maximal vier bis fünf Mandate exklusive Vorsitzfunktionen. Das Entgelt solle sich nach Unternehmenskennzahlen - wie etwa dem Betriebsergebnis (EGT) - richten.

Allerdings: Mit der guten alten Tradition der Multiaufsichtsräte in Österreich wäre es dann vorbei. Zwar beschränkt der heimische Corporate-Governance-Kodex die zahl der Aufsichtsratsmandate auf acht.

Die Multiräte

Ex-Wienerberger-Chef Erhard Schaschl bringt es aber auf 17; eine Reihe heimischer Anwälte - darunter etwa Hellwig Torggler - sitzen in zehn Gremien; Aktienrechtsexperte Christian Nowotny - einer der Väter des Kodex - bekleidet 13 solcher Funktionen; Bankenchefs bringen es auf noch mehr Mandate - allerdings in Konzerngesellschaften. Bei großen Gesellschaften erhalten Aufsichtsräte hierzulande rund 5000 Euro Entschädigung, eventuell zusätzlich Tantiemen.

Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger hält eine Entwicklung hin zu Profi-Aufsichtsräten für "wünschenswert". Er sieht "10.000 bis 15.000 Euro" als untere Grenze der Bezahlung für ein Berufsaufsichtsratsmandat.

Antonella Mei-Pochtler, Spitzenfrau beim Unternehmensberater Boston Consulting Group in Österreich, sieht vor allem standardisierte Rekrutierungsverfahren als zentralen Punkt der Aufsichtsgremien. Vor allem der Auswahl der Aufsichtsratschefs komme dabei besondere Bedeutung zu. "Wir sollen zusehen, dass wir hier schneller zu Fortschritten und Ergebnissen kommen - vor allem im Sinne einer sauberen Unternehmenskultur." (Karin Bauer, Der Standard, Printausgabe, 05.09.2003)