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Jubilar Pflegerl über seine Arbeit: "Ich fühle mich am Höhepunkt meiner Kraft."

Foto: APA/Robert Jaeger
Klagenfurt - Seit 1992 ist Dietmar Pflegerl Intendant des Stadttheaters Klagenfurt. Am Samstag (6.9.), feiert der streitbare Theatermacher seinen 60. Geburtstag. Seine Arbeit in Klagenfurt ist bis heute geprägt von einer Modernisierung des Theaterbetriebes und teils heftigen Auseinandersetzungen mit der Politik.

"Kulturszene in Kärnten wird ausgetrocknet"

Die Kärntner Kulturszene wird nach Ansicht von Dietmar Pflegerl "ausgetrocknet". Verantwortlich dafür sei ein "mangelndes kulturelles Bewusstsein" der Politik. "Es gibt keinen Gärtner mehr, der das pflegt", sagte Pflegerl am Freitag.

Desinteresse der politischen Entscheidungsträger

Es sei eine neue Generation von Politikern am Ruder, für die Kultur in erster Linie an Hand von Zahlen gemessen werde, so Pflegerl. "Diese Entwicklung ist ein Albtraum." Bezeichnend dafür sei etwa der neue Klagenfurter Kulturstadtrat Mario Canori (F). Pflegerl: "Canori ist offenbar stolz darauf, dass er in den vergangenen zwölf Jahren genau ein Mal ins Theater gegangen ist." Der Intendant zog zum Vergleich Klagenfurts Langzeit-Bürgermeister Leopold Guggenberger heran. "Der ist in jede Vorstellung gekommen, weil er gesagt hat, er muss wissen, was wir tun, damit er im Theaterausschuss auch darüber diskutieren und entscheiden kann."

"Wir müssen den Mund aufmachen"

Pflegerl bezeichnete es als seine Pflicht, sich dazu zu äußern: "Wir müssen den Mund aufmachen, wenn die Entwicklung in diese Richtung geht, denn wir brauchen ja Partner in der Politik." Ein Theater könne ohne öffentliche Unterstützung nicht existieren. Dass sich Canori nun das Stadttheater als "Kampfplatz" ausgesucht habe, um sich profilieren zu können, sei bedauerlich. Pflegerl bezog sich dabei auf eine Ankündigung des Vizebürgermeisters, die Subvention für das Theater auf Jahre hinaus zu deckeln. Dies würde den "langsamen Tod" des Hauses bedeuten, da allein durch die Inflationsrate und die Gehaltserhöhungen der Fehlbetrag jährlich anwachsen und drastische Einschränkungen nach sich ziehen würde.

"Haider wird abgewählt" - Der Theatermacher als Prophet für Kärnten

Pflegerl versuchte sich auch als politischer Prophet: "Haider wird bei der Landtagswahl abgewählt werden." Er begründete seine Meinung damit, dass Haider kein Hoffnungsträger mehr sei. Daher werde es grundlegende politische Veränderungen nach dem 7. März 2004 geben. Davon sei er nach seinen zwölfjährigen Erfahrungen mit der Kärntner Bevölkerung überzeugt.

Von Basel über Berlin und Wien nach Klagenfurt

Pflegerl wurde am 6. September 1943 in Klagenfurt geboren, studierte zunächst Staatswissenschaften, bis er 1965 zur Akademie für Musik und darstellende Kunst Graz wechselte. Sein erstes Engagement erhielt er in Basel, später führte er am Hamburger Thalia-Theater unter Boy Gobert Regie, ging mit Gobert an die Staatlichen Bühnen nach Berlin und dann nach Wien. Dort inszenierte er am Volkstheater und am Theater in der Josefstadt, bevor er nach Klagenfurt geholt wurde.

Kusejs "Kabale und Liebe" von 1993: "Der beste Theaterabend, den es in Klagenfurt je gegeben hat"

Seither sorgte Pflegerl für Aufsehen erregende Premieren ebenso wie für politische Konflikte. Martin Kusejs Inszenierung von "Kabale und Liebe" sorgte vor zehn Jahren für einen veritablen Eklat, manche Zuschauer - aus der Ära Wochinz "schöne" Aufführungen gewohnt - schworen damals gar, das Haus nicht mehr zu betreten, so lange Pflegerl das Zepter schwinge. "In der Rückschau war das der beste Theaterabend, den es in Klagenfurt je gegeben hat", so Pflegerl am Freitag. Damit sei eine neue Theatersprache geschaffen worden, "mit der Kusej heute weltweit anerkannt ist". Als der Kärntner Kusej im vergangenen Jahr in Klagenfurt Christopher Marlowes "Edward II" inszenierte, war von Skandal übrigens keine Rede mehr.

'Liebe und Anarchie' "hätte mich den Kopf kosten können"

Sein größter Flop war wohl "Liebe und Anarchie", das Stück wurde in seiner ersten Spielzeit eine Woche vor der Premiere aus künstlerischen Gründen abgesetzt. Pflegerl: "Hätte ich nicht mit den anderen Produktionen viel Erfolg gehabt, hätte mich das den Kopf gekostet, immerhin haben wir drei Millionen Schilling in den Sand gesetzt."

Stadttheater unter Pflegerl keine "Provinzbühne" mehr

Pflegerl hat als Intendant einen Vertrag bis 2007. Kurzfristig spielte er Anfang vergangenen Jahres mit dem Gedanken an Abwanderung. "Ich hatte sehr interessante Angebote, kam aber zu der Erkenntnis, dass ich hier zu sehr verwurzelt bin, um noch wegzugehen." Er habe es zuwege gebracht, dass Klagenfurt nicht mehr als Provinzbühne, sondern als vollwertiges Theater angesehen werde, "und das ist schon etwas". Gedanken an den Ruhestand hegt er nicht: "Ganz im Gegenteil, ich fühle mich am Höhepunkt meiner Kraft." (APA)