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Rewe-Austria Generalbevollmächtigter Veit Schalle kündigt an en Marktanteil noch weiter steigern zu wollen

Foto: APA/Gindl
Wien - Karl Wlaschek war nicht anwesend. Lediglich auf einer alten Filmaufnahme war der ehemalige Barpianist und heute 86-jährige Milliardär zu sehen, als der Billa-Konzern, den er gegründet hatte, sein 50-jähriges Jubiläum im Wiener Rathaus beging - dekoriert im Stil der Anfangsjahre, mit gelben Seidenüberwürfen und roten Maschen.

Wlaschek verkaufte sein Lebenswerk 1996 an den deutschen Rewe-Konzern, die drittgrößte Handelsgruppe Europas. Rewe beließ Wlascheks Schützlinge, Veit Schalle als Konzernchef und Wolfgang Wimmer als Billa-Boss, weiter am Ruder. Der Rewe-Oberste Hans Reischl betonte in seiner Rede am Freitagvormittag vor 700 Geladenen - Politiker, Geistliche, Industrielle und Lieferanten -, dass der gesamte Cashflow, den die erfolgreichste Rewe-Auslandstochter erwirtschaftet, das seien 400 Millionen Euro jährlich, für Investitionen im Konzern belassen würde. "Und es gibt weiter Nachholbedarf in einigen österreichischen Landstrichen", das heißt die Expansion sei noch nicht abgeschlossen. Derzeit hat der Gesamtkonzern Rewe Austria mit den Einzelhandelsschienen Billa, Merkur, Bipa, Mondo und Emma 2360 Standorte, davon 1800 in Österreich. Der Gesamtumsatz beläuft sich auf 7,7 Milliarden Euro.

Hofer und Lidl größte Konkurrenten

Als härteste Konkurrenz für Billa sieht Reischl nicht nur den Spar-Konzern, der in den vergangenen Jahren bei den Marktanteilen aufholte, sondern auch die Hard Diskonter wie Hofer oder Lidl. In Deutschland überschreiten die Diskonter bald die 30-Prozent-Marke, in Österreich haben sie das Fünftel Marktanteil erreicht. Zu den Markenartikel-Lieferanten sagte Reischl deswegen auch: "Wir werden weiter mit ihnen zusammenarbeiten, wir werden sie aber hart fordern müssen."

Billa baute seit 1999 die Eigenmarken (etwa "Clever") massiv aus. In seiner Rede sagte Rewe-Austria-Chef Veit Schalle auch warum: "1999 musste ich die größte Enttäuschung meiner Karriere erleben." Er habe bei der geplanten Übernahme aller Meinl-Filialen (es wurden dann 160) bei den Brüssler Wettbewerbshütern zu wenig Unterstützung durch die heimische Markenartikelindustrie erfahren. "Das war für mich eine Lehre fürs Leben", so der Kärntner, der 1965 bei Billa als Filialleiteraspirant begonnen hatte. Die Handelsmarke Clever wurde gegründet, Markenartikel flogen im Anschluss reihenweise aus den Regalen.

Billa wurde im Laufe der Jahre zu einem symbolischen Zeichen: Die "Billa-Kassierin" wurde zum Archetypus der unterbezahlten Teilzeitkraft, das "Billa-Sackerl" zum Gepäckstück der Unterprivilegierten und die Projektion für Alltagsrassismen ("Tschuschen-Koffer"). Die Händlervertreter der Wirtschaftskammer beklagen mangelnden Vollzug des Kartellrechts gegen Billa ebenso wie die politische Linke. So reagierten grüne Wirtschaftsvertreter auch auf die Tatsache, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel Rewe-Boss Reischl das Große Goldene Ehrenzeichen der Republik an die Brust heftete: "Ein Orden für Billa ist ein Pflanz für Österreichs Handel." (szem, Der Standard, Printausgabe, 06.09.2003)