Eigentlich könnte die ÖVP zufrieden sein. Sie hat mit Wolfgang Schüssel einen Obmann und Kanzler, der unbeirrt seine Sache durchzieht. Und bereits einiges erreicht hat - aus der Sicht der ÖVP durchaus Erfolge: 18 Stück Abfangjäger der Marke Eurofighter werden angeschafft. Die Pensionsreform ist beschlossen. Ein erster Schritt einer Steuerreform für 2004 ist bereits beschlossen, ein zweiter befindet sich in Vorbereitung. Im Gesundheitssystem stehen großflächige Änderungen an, erst einmal werden Selbstbehalte eingeführt und die Beiträge erhöht, dann sollen die Krankenkassen zusammengelegt werden. Schließlich werden die Betriebe der ÖIAG privatisiert, mit dem Beschluss vom Freitag erfolgt erst einmal die Privatisierung der Voest.

Ein ambitioniertes Programm, bei dem sich der eine oder andere Schritt durchaus als Erfolg verkaufen ließe und der ÖVP zur höchsten Zufriedenheit gereichen sollte.

Wäre da nicht die FPÖ.

Abgesehen von den geplanten Änderungen im Gesundheitssystem, zu denen Aufschrei und politische Debatte noch ausständig sind, hat die FPÖ ihrem Koalitionspartner in jedem einzelnen Regierungsvorhaben einen Baum aufgestellt. Die Vorgangsweise war stets die gleiche: Erst hat die FPÖ mitgestimmt und mitbeschlossen, dann Zeter und Mordio geschrien. Im Streit um die Voest - für die Mehrheit der Österreicher eher ein Randthema - haben die freiheitlichen Entscheidungsträger den latenten Konflikt mit Wolfgang Schüssel auf die Spitze getrieben. Herbert Haupt hat (nach einem Kurzausflug nach Kärnten) der ÖVP sogar mit dem Bruch der Koalition gedroht. Auch sein Rücktritt als Vizekanzler stand im Raum.

Was dieses Theater um die Voest-Privatisierung bringen sollte, konnten maßgebliche Proponenten der FPÖ nicht beantworten. Auch die oberösterreichischen Landtagswahlen sind es nicht wert, für ein paar Prozente auf oder ab den Bestand der Regierung aufs Spiel zu setzen.

Herbert Haupt war offensichtlich rechtlich schlecht beraten, als er glaubte, die Voest-Privatisierung noch stoppen oder wenigstens an Bedingungen knüpfen zu können. Justizminister Dieter Böhmdorfer, der hier in der Rolle des freiheitlichen Retters zu schlüpfen versuchte, hat zwar ordentlich Wind gemacht und schien schon als Haupts Nachfolger festzustehen, hat schlussendlich aber nur leere Kilometer hinter sich gebracht und gar nichts erreicht. Wie auch Haupt machte er in dieser Auseinandersetzung keine gute Figur.

Letztendlich setzte die FPÖ wieder einmal gar nichts durch, zerschlug unterwegs aber enorm viel Porzellan. Der Haussegen in der Koalition hängt schief, die Regierung steht als zerstrittener Haufen da, und nicht einmal die ÖVP kann sich über die Voest-Privatisierung freuen.

Was Schüssel anfasst, zieht er auch durch, es fällt aber zunehmend schwerer, irgendetwas davon als Erfolg verkaufen zu können. Die FPÖ selbst zieht die Regierungsarbeit in den Dreck. Der Unmut in der ÖVP über diesen Fratzen, den man sich da als Regierungspartner eingefangen hat, wird täglich größer. Die FPÖ demoliert sich nicht nur selber, auch das Bild der Regierung leidet zunehmend darunter. So sehr, dass immer mehr in ÖVP der Ansicht sind, es sei gescheiter, dem Spuk endlich ein Ende zu bereiten. Was Neuwahlen hieße.

Die ÖVP liegt in den Umfragen derzeit bei etwa 38 Prozent. Das ist in dieser frühen Phase der Regierungsperiode, in der erst einmal auch die unpopulären Maßnahmen auf Schiene gebracht werden, noch dazu unter diesen Umständen, ein erstaunlich guter Wert.

Die FPÖ grundelt dagegen bei acht Prozent herum, sie hat zum Schaden auch noch den Spott und jedenfalls nichts, was sie als Erfolg verkaufen könnte. Das ständige Lärmschlagen ließe sich in einem Wahlkampf nur schwer als konstruktive Arbeit verkaufen. Die FPÖ hat also mehr Grund, sich vor Neuwahlen zu fürchten als die ÖVP. Aber nach rationalen Kriterien ist die FPÖ nicht einzuschätzen.(DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.9.2003)