Genial in ihrer Musik und ihrer visuellen Umsetzung: die finnischen Techniker Pan Sonic - am kommenden Donnerstag live beim Grazer A/V-Collision-Festival zu erleben.

Foto: Mute
Graz - Richard Dorfmeister meinte einmal, man könne die Bedeutung von Fritz Fitzke gar nicht hoch genug für die "Live"-Umsetzung von K & D-Gigs einschätzen. Ohne ihn würde man bei null beginnen müssen. Niemand würde so exakt wie Fitzke umsetzen können, um was es bei Kruder und Dorfmeister ginge. Fitzke ist Visualist. Eine jener Figuren im Hintergrund, die man als Mensch gewordene Fortsetzung dessen bezeichnen könnte, was früher einmal eine verkehrsuntaugliche Ampel war: die Lichtorgel.

Was vor 20, 30 Jahren noch ein paar bunte Lamperln und eine Discokugel bedeutete, meint heute längst Computergrafik, Hightech-Animationen, Konzept und bekam mit Aufblühen der Clubkultur und der ursprünglichen Zurücknahme des Starkults in der Technokultur einen Bedeutungsschub. Vor allem deshalb, weil einen DJ beim Auflegen zu beobachten auf Dauer auch nur eine andere Art von Testbild schauen bedeutet und die schluckbare Ekstase mit bunten Bildchen gar so gut harmonisiert.

Beweisführung

Das Grazer Festival A/V-Collision widmet sich kommende Woche drei Tage lang dem oft nicht als solchem wahrgenommenen Bedeutungsgleichgewicht von Akustik und den ihr beigestellten Visuals. Dabei will man jedoch nicht mit akademischer Beweisführung Visualisten zu höherem Ansehen verhelfen, sondern bietet mit einem ansprechend gestalteten Programm die Gelegenheit, diese Kunst in Symbiose - oder in Kollision - mit Musik für sich selbst sprechen zu lassen. Etwa mit dem Auftritt des finnischen Technoduos Pan Sonic, das seit seinen Anfängen wahrscheinlich eines der besten visuellen Konzepte zur Umsetzung ihrer auf geraden Beats gebauten Tracks bietet.

Neben den Visualisten Sofa 23, der Grafikerin des Wiener Elektronik Labels Mego - Tina Frank - oder Glam Fatal präsentiert A/V-Collision auch ausgesuchte Arbeiten zu Musik von Filmemachern - allen voran den für seinen Kurzfilm Copy Shop im Vorjahr mit einer Oscar-Nominierung bedachten Österreicher Virgil Widrich.

Musikalisch bewegt sich A/V-Collision zwischen Machbarkeitsstudien, Dancefloor und Pop. Künstler wie der Laptop-Musiker Christian Fennesz oder die Linzer Extremperformer Fuckhead decken den experimentellen Flügel ab, der Brite Luke Vibert alias Wagon Christ alias Plug und die ebenfalls von der Insel kommende DMX-Krew dürften der Tanzbarkeit zuarbeiten, während die Wiener Villalog im Verein mit dem Melancholiker B. Fleischmann elektronische Musik Richtung Pop deuten werden.

Daneben gibt es geniale Grenzgänger wie Sluta Leta, die wohltuend zwischen den Stühlen ihren Platz gefunden haben. Deren Arbeiten bekommen aufgrund oft mantraartiger Wiederholungen ihrer Motive einen nahezu hypnotischen Charakter und wandeln zwischen Experimentellem und abstraktem Pop.

Höhepunkte zu prognostizieren erscheint schwierig. Gespannt sein darf man jedoch auf den Auftritt der drei Girls von Chicks On Speed. Zumal das Art-Trash-Trio, das live manchmal dem Musikkabarett gefährlich nahe kommt, demnächst sein drittes Album 99 Cent veröffentlichen wird. Dieses besticht mit einem der überzeugendsten Pop-Entwürfe, den das heurige Jahr bisher erlebt hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.9.2003)