Der Vater von elf Kindern wurde 1936 in Majdel in der Nähe der südisraelischen Stadt Ashkelon geboren. Während des israelisch-arabischen Krieges 1948 vertrieben die Israelis alle Bewohner des Dorfes, das dem Erdboden gleichgemacht wurde. Im Alter von zwölf Jahren bekam Yassin im Flüchtlingslager von Shatti im Gazastreifen beim Fußballspiel einen Tritt in die Wirbelsäule. Seitdem ist er querschnittsgelähmt.
"Mudschama-el-Islami"
Trotz seiner Lähmung beendete Yassin seine Schulausbildung in Gaza und studierte ein Jahr an der Kairoer Universität Ein Shams. Weil es an Geld fehlte, konnte er sein Studium nicht beenden. Dennoch war dieses Jahr entscheidend für seine weitere Entwicklung. An der Universität lernte er Mitglieder der ägyptischen Fundamentalisten-Organisation der Moslembrüder kennen. In den 70er Jahren gründete Yassin die "Mudschama-el-Islami" und rekrutierte junge begeisterte Aktivisten für seine Bewegung.
Anfang der 80er Jahre, unmittelbar im Anschluss an die islamische Revolution im Iran, gründete Yassin die militante Organisation "Majd el Mudschaheddin" (Ruhm der Kämpfer des Islams). 1984 wurde er festgenommen und wegen Waffen- und Sprengstoffbesitzes zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Er blieb jedoch nur ein Jahr in Haft, da er im Rahmen eines Gefangenenaustauschs vorzeitig wieder freikam. Nach seiner Freilassung rief Yassin in aller Ruhe eine neue Bewegung ins Leben: Am 14. Dezember 1987, fünf Tage nach Beginn der ersten Intifada, gab die Hamas ihre Gründung bekannt.
Zwei Jahre später wurde der kleine Mann mit dem weißen Bart erneut festgenommen. 1991 verurteilte ihn ein israelisches Militärgericht wegen mehrfachen Mordes und Anstiftung zur Gewalt zu lebenslanger Haft. Während der Gerichtsverhandlung zeigte Yassin sich noch unerschütterlich: "Das jüdische Volk trank den Leidenskelch und lebte überall zerstreut in der Welt. Heute will dasselbe Volk die Palästinenser zwingen, diesen Kelch zu trinken. Die Geschichte wird euch nicht entschuldigen, und Gott wird uns alle richten", erklärte Yassin den Richtern. Achteinhalb Jahre später wurde der Hamas-Gründer auf Drängen Jordaniens in die Freiheit entlassen und sofort nach Jordanien abgeschoben.