Rom - Der Korrespondent der Mailänder Tageszeitung "Corriere
della Sera" im Irak, Lorenzo Cremonesi, hat den früheren Dolmetsch
des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein, Saadoon Al Zubaydi 15
Stunden lang interviewt. Dieser hatte in dem am Samstag im "Corriere"
erschienen Artikel behauptet, dass es Geldflüsse von Bagdad an "das
Umfeld der extremen Rechten" in Kärnten gegeben habe. "Al Zubaydi ist
fest davon überzeugt, dass enorme Geldsummen nach Kärnten geflossen
sind. Seiner Ansicht nach wurden die Summen für den Fall der Flucht
hochrangiger Vertreter des irakischen Regimes ins Ausland
angesammelt", sagte Cremonesi.
"Al Zubaydi konnte mir nicht sagen, ob sich das Geld noch in
Kärnten befindet, oder ob es auf anderen Bankkonten gelandet ist. Er
geht davon aus, dass ein in Österreich lebender irakischer
Geschäftsmann bei den Geldtransaktionen eine Rolle gespielt hat",
sagte Cremonesi, der mit Al Zubaydis Berichten über sein Leben als
Dolmetsch Saddam Husseins eine zweiteilige Reportage im "Corriere"
veröffentlichte.
Keine Beweise
Dokumente als Beweis für den angeblichen Geldfluss nach Österreich
habe Al-Zuabydi nicht, berichtete Cremonesi. "Er hat wie ein
Wasserfall geredet, als er jedoch bemerkt hat, wie ich eifrig seine
Worte über den Geldfluss nach Kärnten aufschrieb, ist er sehr
vorsichtig geworden", so Cremonesi.
Der 55-jährige Al Zubaydi studierte in Oxford und ist ehemaliger
Dozent für englische Literatur an der Universität von Bagdad. Der
Shakespeare-Experte, zwischen 1995 und 2001 irakischer Botschafter in
Jakarta, war vor und nach seiner Mission in Indonesien persönlicher
Dolmetscher Saddam Husseins, für den er Reden schrieb und
korrigierte. "Saddams Texte waren unleserlich. Ich musste sie oft neu
schreiben", berichtete der Dolmetscher.
Angst
Im Gespräch mit Cremonesi betonte Al Zubaydi, er bange um seine
Zukunft. "Ich habe Angst. Der Irak ist und bleibt eine
Terrorrepublik. Ich bin in einer schwierigen Position. Ich war eine
öffentliche Persönlichkeit. Jeder hat mich im Fernsehen gesehen, als
ich im Februar Saddam Hussein dolmetschte, der von dem Journalisten
Dan Rather für den amerikanischen TV-Sender CBS interviewt wurde. Für
viele Iraker bin ich ein Ex-Privilegierter der Diktatur, ein Mensch,
den man anzeigen muss. Sie wissen nicht, dass ich bei den
Sicherheitskräften unbeliebt war. Ich könnte aus Rache ermordet
werden", so Al Zubaydi im ersten Teil der Reportage, die am 28.
August veröffentlicht wurde. (APA)