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Neue Blase ante protas?
Sind die Anleger zu optimistisch geworden, gibt es Anzeichen von Euphorie? Bereits ist von unrealistischen Bewertungen und einer neuen spekulativen Blase die Rede, die gebildet werde. Wenn dem so ist, wäre dem neuen Börsenaufschwung kein langes Leben beschieden. Dann müssten die Gewinne rasch sichergestellt und Aktien vorerst gemieden werden. Die Meinungen über den Zustand der Börsen sind geteilt wie schon lange nicht mehr. Das Spektrum reicht von „hochgradig überbewertet und akut korrekturanfällig“ bis „attraktiv bewertet mit Potenzial für weitere Kurs-Avancen in diesem Jahr“. Beide Lager haben gute, überzeugende Argumente, die Baissiers genau so wie die Haussiers.
Fundamental versus (Chart)Technik
Man kann davon ausgehen, dass wie oft „die Wahrheit“ irgendwo in der Mitte liegt. Ein anerkannter „Fiebermesser“, der die Euphorie, den Grad der Spekulationslust angibt, existiert nicht. Eine hohes KGV (Kurs/Gewinn-Verhältnis) des Gesamtmarkts sagt wenig aus, handelt es sich doch um geschätzte Zahlen – für das laufende, das kommende oder gar das übernächste Jahr. Sollte sich die Wirtschaft 2004 stärker als erwartet erholen und die Unternehmensgewinne entsprechend höher ausfallen, dann sind die heute errechneten P/E-Zahlen für 2004 nicht mehr viel wert. Was heute als zu teuer gilt, ist 2004 vielleicht günstig bewertet.
Besser haben es die Markttechniker. Sie behelfen sich mit kurzfristigen Stimmungs-Indikatoren, zum Beispiel dem Verhältnis zwischen Haussiers und Baissiers oder der Put-Call-Ratio, der Relation zwischen dem Volumen der gekauften Verkaufs- und Kaufoptionen. Dass heute der Anteil der Haussiers an der US-Börse mit rund 60 Prozent so hoch ist wie schon lange nicht mehr und die „Bullen“ die „Bären“ im Verhältnis drei zu eins übertreffen, muss als Warnsignal gesehen gelten. Es gibt den Stimmen Auftrieb, die vor zu viel Zuversicht der Anleger warnen.
Nicht auf die Prinzipien vergessen
Dementsprechend bekäme eine Abkühlung der Gemüter, sprich eine mehrwöchige Konsolidierungs- und Korrekturphase, den Börsen nach ihrer markanten Erholung bestimmt nicht schlecht. Es würde Qualität und Lebensdauer der neuen Hausse einiges verlängern. Unabhängig davon sollten vor allem Privatinvestoren folgende Regeln niemals aus den Augen verlieren:
- Setzen Sie nicht alles auf eine Karte, sondern diversifizieren Sie global! Dies ist das einzige und zugleich billigste Rezept, um eine Katastrophe zu vermeiden
- Halten Sie an bereits gekauften Titeln fest. Wenn irrationaler Überschwang unbegründeter Panik weicht, sollte man eher ans Kaufen als ans Verkaufen denken. Langfristigen Anlegern bieten sich die besten Chancen in Europa und in den Schwellenländern.
- Vergessen Sie nicht, dass die langfristige Baisse noch nicht ausgestanden ist – keine Euphorie also! Setzen Sie in keinem Fall mehr aufs Spiel, als Sie an Verlusten verkraften können.
- Daher ist es riskant, auf die „Buy-and-hold“(Kaufen-Halten)-Strategie zu setzen, die im langen Börsenzyklus 1982–2000 so erfolgreich war. Aktives Portfoliomanagement heißt das Zauberwort.
- Vorsicht auch bei Regierungsanleihen, selbst nach der jüngsten Korrektur. Wenn sogenannte „sichere Anlagehäfen“ überpreist sind, bieten sie nicht mehr die Sicherheit, die man sich von ihnen verspricht. Es gibt nur eine wahrhaft sichere Anlage: Inflationsgeschützte Regierungsanleihen.
Und selbst letzteres bereitet angesichts der rekordhohen Budgetdefizite in den Vereinigten Staaten, was de facto nichts anderes bedeutet, daß der dortige Aufschwung auf Pump basiert, einiges Unbehagen. Denn wehe, wenn der Versuch, Wachstum gegen Schulden einzukaufen, fehlschlägt: dann drohen uns auch in Euroland japanische Verhältnisse, und dies würde auch die aktuelle Hausse in die Gilde der ganz und gar nicht untypischen dritten Bärenrallye innerhalb eines mehrjährigen Baisse-Zyklus reihen...!
Nachlese