Wien - "Schulnoten sind unter dem Schuljahr nichts Endgültiges." Daher will Vizekanzler Herbert Haupt seine Bewertung des Koalitionsklimas mit vier minus als vorübergehend verstanden wissen. Seine Ministerkollegen schlossen sich dem an, für Infrastrukturminister Hubert Gorbach ist das Klima etwa "arbeitsfähig." Und Finanzminister Karl-Heinz Grasser will sich vom Koalitionspartner nicht vorwerfen lassen, zu wenig informiert zu haben. Kanzler Wolfgang Schüssel selbst gab seiner Regierung überhaupt Bestnoten: "Die Performance der ersten sechs Monate war erstklassig."

Und weil es laut Schüssel keine Koalitionskrise wegen des Voest-Verkaufs gegeben hat, habe es sich bei der stundenlangen Sitzung am Freitag auch nicht um eine Krisen-, sondern um eine Arbeitssitzung gehandelt. Dabei habe die Regierung, so Schüssel am Dienstag nach dem Ministerrat, ihr Arbeitsprogramm für den Herbst festgelegt.

Mit der Präsentation dieser Schwerpunkte versuchten Schüssel und Haupt, nach dem Konflikt um die Voest Aufbruchsstimmung zu vermitteln. Sechs "Pakete" haben Kanzler und Vizekanzler angekündigt: Die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie, ein neues Konjunkturpaket für 2004, ein Sicherheitspaket inklusive Asylnovelle, ein Europapaket zur Erweiterung, die Gesundheitsreform und die Harmonisierung der Pensionssysteme.

Die Erarbeitung der Gesundheitsreform startet diesen Donnerstag mit einem runden Tisch. Zur Harmonisierung der Pensionssysteme hat eine Untergruppe der Sozialpartner Haupt drei Modelle für ein Pensionskonto vorgelegt, ein beitrags- und ein leistungsfinanziertes Modell und eine Mischform. Bei der nächsten Harmonisierungsrunde, deren Termin noch nicht fest steht, wird entschieden, welches der drei Modelle näher berechnet werden soll.

Den Zweiten Nationalratspräsidenten Heinz Fischer überzeugte das Programm nicht. Er forderte, dass sich die Regierung Zentralaufgaben widme, etwa der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. (eli/DER STANDARD, Printausgabe, 10.9.2003)