London - Ein britischer Parlamentsausschuss hat die Regierung Blair am Donnerstag von dem Vorwurf freigesprochen, Geheimdienstinformationen zum Irak aufgebauscht zu haben. Die Abgeordneten des Kontrollausschusses für die Geheimdienste übten aber auch deutliche Kritik, allen voran an Verteidigungsminister Geoff Hoon.

Der Geheimdienstausschuss des Parlaments warf dem Verteidigungsministerium in seinem Bericht am Donnerstag vor, sich in einer Untersuchung zu den Umständen des britischen Eintritts in den Irak-Krieg "nicht hilfreich und eventuell irreführend" geäußert zu haben. Hoon wurde bereits vor dem Bericht massiv kritisiert. Politische Beobachter hatten zuvor erklärt, die Enthüllungen des Berichts könnten das Ende der politischen Karriere Hoons bedeuten.

Bedenken verschwiegen

In dem Bericht hieß es, das Verteidigungsministerium habe es versäumt, dem Ausschuss darzulegen, dass einige seiner Mitarbeiter Bedenken über den Inhalt eines Irak-Dossiers geäußert hätten. "Wir sind beunruhigt, ... dass das Verteidigungsministerium sich dagegen entschieden hat, die Anweisung für einen Brief zu geben, in dem die Bedenken zum Ausdruck kommen", hieß es weiter. Der Parlamentsausschuss hatte parallel zu einer Justizkommission unter Leitung von Lordrichter Hutton ermittelt, die sich mit dem Selbstmord des britischen Waffenexperten David Kelly beschäftigt.

So sei es "nicht hilfreich" gewesen, dass die Regierung in ihrem Irak-Dossier so stark darauf abgehoben habe, dass Saddam Hussein seine angeblichen Massenvernichtungswaffen binnen 45 Minuten einsetzen könne. Besonders kritisch äußert sich der Ausschuss in seinem Bericht zu Verteidigungsminister Hoon, weil dieser nicht alle Einzelheiten über das umstrittene Dossier offen gelegt habe. Demnach verschwieg Hoon dem Ausschuss zunächst die Bedenken zweier Waffenexperten seines Ministeriums gegen das vor einem Jahr veröffentlichte Irak-Dossier.

Dies sei "potenziell irreführend" gewesen, sagte die Ausschussvorsitzende Ann Taylor. Man sei "beunruhigt" über das Verhalten des Ministers. Auf die Frage eines Journalisten, ob Hoon den Ausschuss getäuscht habe, sagte sie jedoch: "Nein. Er hat uns keine Lügen erzählt". Auf die Frage, ob Hoon zurücktreten solle, antwortete sie, eine solche Forderung werde in dem Bericht des Ausschusses nicht erhoben. Der konservative Oppositionsführer Iain Duncan Smith bezeichnete Hoons Position jedoch als "unhaltbar".

Bauernopfer

Seit der Affäre um den Selbstmord Kellys gilt Hoon vielen Beobachtern als potenzielles Bauernopfer, um die Kritik von Blair und dem Geheimdienst abzulenken. Kelly hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, nachdem er vom Verteidigungsministerium als Quelle eines kritischen Medienberichts genannt worden war. In dem Bericht des Senders BBC wurde der Regierung Blair vorgeworfen, sie habe das Dossier seinerzeit aufgebauscht, um die Zustimmung des Parlaments zum Krieg zu gewinnen. (APA/Reuters)