Istanbul - Türkische Parlamentsabgeordnete haben einem
Zeitungsbericht zufolge schreckliche Zustände in einem Gefängnis
aufgedeckt, in dem Minderjährige gefoltert worden sein sollen. Eine
Abordnung des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament habe
sich wegen des Widerstandes der Gefängnisleitung nur mit Mühe Zutritt
zu dem Gefängnis im westtürkischen Aydin verschaffen können,
berichtete die liberale Zeitung "Radikal" am Mittwoch. Die
Abgeordneten wollten Berichten nachgehen, wonach ein 17-Jähriger in
dem Gefängnis infolge von Folterungen gelähmt sei.
Bei der Inspektion der Haftanstalt stießen die Abgeordneten auf
eine Zelle mit 16 Minderjährigen, die dort unter menschenunwürdigen
Bedingungen hausten. Der Abgeordnete Cavit Torun sagte "Radikal",
alle Kinder in der Zelle seien halbnackt und mit Wunden übersät
gewesen. Sie hätten sich mit Rasierklingen, Metallstücken und
zerbrochenen Fliesen selbst Schnittwunden beigebracht; als die
Abgeordneten die Zelle betraten, habe der Geruch von frischem Blut in
der Luft gehangen.
Folterberichte
Die Kinder in der Zelle berichteten laut Torun, sie seien vom
Wachpersonal gefoltert worden. Das Alter der Kinder und die Gründe
für ihre Inhaftierung gingen aus dem "Radikal"-Bericht nicht hervor.
Der 17-Jährige, dessen Schicksal Anlass für die
Gefängnisinspektion war, sagte den Politikern, er habe sich
freiwillig in eine Einzelzelle verlegen lassen, weil vier der 16
Kinder in der großen Zelle von den anderen ständig vergewaltigt
würden. Ob die Lähmung des 17-Jährigen auf Folter zurückzuführen sei,
habe sich nicht klären lassen, sagte Torun. Justizminister Cemil
Cicek kündigte an, er werde den Berichten nachgehen.
(APA)