Die Beine endlos, die Schuhe hochhackig, die Haut makellos schön. Mit ein bisschen Glück trägt die groß Gewachsene zumindest ein dezentes Höschen zu ihren feinmaschigen Strümpfen. Im Normalfall ist da allerdings – außer ziemlich perfekten und ziemlich kargen Rundungen – nicht viel.

Foto: Wolford

Es sind die 90er-Jahre-Fotoinszenierungen eines Helmut Newton, die das Image von Wolford prägen. Strümpfe, die wie purer Sex wirken, wie ausgestellte Fetischobjekte, bei denen man nie sicher weiß, was denn nun wichtiger sei: die Maschen oder die Schenkel. Die erotische Makellosigkeit, das Spiel mit dem verruchten Touch rückte die Models dabei in solch greifbare Nähe, dass man sich über ihre Unerreichbarkeit erst recht im Klaren war: So sah Mitte der Neunziger Begierde aus. Und Wolford verdiente daran nicht schlecht.

Jetzt, beinahe ein Jahrzehnt später, ist das Bild der Bregenzer Weltfirma um einiges bunter. In der mit Vivienne Westwood erarbeiteten Modereihe trifft das britische Argyle-Muster auf österreichischen Hightechstrick. Beim Co-Branding mit Karl Lagerfeld erarbeitete man zusammen 20 Modelle. Die "sporteve"-Kollektion bietet Sportmode für die Frau. Vor zwei Jahren kleidete man Nicole Kidman und Co. für Baz Luhrmanns Moulin Rouge in Wolford-Strümpfe, in diesem Jahr waren es Renée Zellweger und Catherine Zeta-Jones für Chicago.

Natürlich ist Wolford, dessen Aktie im Vorjahr unter Druck geraten war, sich mittlerweile aber wieder gefangen hat, noch immer in erster Linie gleichbedeutend mit Strümpfen. Zwar gibt es auch hier Neuheiten (Fasern natürlichen Ursprungs etwa), mit 48 Prozent des Konzernumsatzes liegt aber weiterhin in der Legwear das Kerngeschäft. Unterwäsche, Bodys und Swimwear sind aber kontinuierlich im Vormarsch. Imagemäßig setzt man allerdings neue Akzente – nicht nur durch die Lancierung eines "Pink Ribbon Tops", bei dessen Kauf zehn Prozent des Verkaufspreises an die Brustkrebsforschung gehen. Auch wenn man laut Pressesprecherin Alina Zimmerhäckel nicht wirklich einen Imagewechsel intendiert.

Foto: Wolford

Im Quartier 21 des Wiener Museumsquartiers leuchten rote Strumpfhosen unter Palmen, ist das feinmaschige Material bis zu den Brüsten hochgezogen, bedecken die Tights sowohl Beine als auch Stuhl. Die Starfotografin Bettina Komenda fotografierte unter ausgiebiger Nutzung von Wolford-Artikeln die in Berlin lebende Konzeptkünstlerin Swetlana Heger – und was dabei herausgekommen ist, schaut so gar nicht nach Wolford aus.

Wie sollte es auch? Die im A 9 Forum Transeuropa ausgestellten Fotografien sind Teil des von Heger schon länger betriebenen Kunstprojekts Playtime, das von sich aus die Nähe zu verschiedenen Marken sucht. Markenidentität überlagert in Hegers Selbstporträts dabei die Künstleridentität, nach Adidas, Levi's, Bucherer oder Hermès ist nun eben Wolford dran.

Astreine Werbung dürfen sich die koproduzierenden Firmen nicht erwarten. Logo-Fetischisten werden von Heger gehörig irritiert: "Ich begreife die Marken, mit denen ich als Künstlerin zusammenarbeite, als Ready-mades, die ich wie Collagen oder einen Remix bearbeite, um ein neues Image oder eine neue Marke zu kreieren."

Was Heger mit Wolford betreibt, dürfte der Bregenzer Firma dabei allerdings gar nicht so Unrecht sein: Die im wahrsten Sinne des Wortes Ausweitung der Strümpfe entspricht durchaus auch der Ausweitung des Selbstbilds des Konzerns. (DerStandard/hil/rondo/12/09/03)