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Angelobung am 26. Oktober 2002

Foto: REUTERS/Herwig Prammer

Wien - Eine Debatte über die Wehrpflicht findet nicht nur in Österreich statt. International geht der Trend seit Jahren in Richtung Abschaffung bzw. Reduktion eines verpflichtenden Grundwehrdienstes. Derzeit gibt es die Wehrpflicht nach Angaben des Verteidigungsministeriums noch in acht von 15 EU-Ländern, in Italien und Portugal wurde aber bereits der Umstieg auf ein Berufsheer eingeleitet.

Die Entscheidung über die künftige Dauer der Wehrpflicht soll von der Bundesheer-Reformkommission vorbereitet werden, die in den kommenden Wochen mit ihrer Arbeit beginnen wird. Kein Thema sein dürfte dabei die Frage des Berufsheeres, die Verteidigungsminister Günther Platter (V) vom Arbeitsauftrag ausdrücklich ausgenommen hat.

Meinungen der Wehrsprecher prallen aufeinander

Die Meinungen der Wehrsprecher der vier Parlamentsparteien werden in der Kommission aber auch bezüglich der Dauer des Präsenzdienstes aufeinander prallen. Den radikalsten Ansatz vertreten die Grünen: Sie wollen die Wehrpflicht abschaffen, wobei freilich Katastrophenhilfe und internationale Einsatze anderweitig gesichert sein müssten, so der Abgeordnete Peter Pilz. Für die SPÖ meinen Parteichef Alfred Gusenbauer und Wehrsprecher Anton Gaal, vier Monate seien genug.

Platter: "moderate Verkürzung"

Platter kann sich zumindest eine "moderate Verkürzung" vorstellen, was aber "sicher nicht" ein Zurückgehen auf vier Monate bedeuten würde. Die FPÖ hingegen will bei den aktuellen acht Monaten bleiben. Bei einer Verkürzung werde die Nutzungszeit geringer, und damit wäre weder den Wehrpflichtigen noch dem Bundesheer geholfen, argumentiert Wehrsprecher Reinhard Bösch.

Eingeführt wurde die allgemeine Wehrpflicht in Österreich - ursprünglich ohne Ausnahmen - nach dem Staatsvertrag 1955. Damals mit einer Dauer von neun Monaten. Unter der Regierung Bruno Kreisky wurde die Dauer 1971 dann auf acht Monate reduziert. 1975 wurde schließlich ein Wehrersatzdienst im Ausmaß von ebenfalls acht Monaten eingeführt. Wer Gewissensgründe glaubhaft machen konnte, durfte seinen Dienst in Hilfseinrichtungen verrichten. Mit der de facto Abschaffung der Gewissensprüfung wurde der Zivildienst 1992 auf 10 Monate ausgedehnt. 1994 und 1997 erfolgten weitere Ausdehnungen auf elf bzw. zwölf Monate.

Trend zum Abschaffen der allgemeinen Wehrpflicht

International geht der Trend bei der Landesverteidigung jedenfalls seit Jahren hin zur Professionalisierung. In Belgien wurde die allgemeine Wehrpflicht beispielsweise 1995 abgeschafft, in den Niederlanden 1996. Seit 2001 gibt es auch in Frankreich keinen allgemeinen Grundwehrdienst mehr, seit 2002 in Spanien. Auch in Deutschland ist nach der Wahl im Vorjahr wieder eine Diskussion entbrannt. Die Wehrdienstdauer wurde in der Bundesrepublik bereits von zehn auf neun Monate reduziert. Im Laufe der Legislaturperiode soll eine Überprüfung der Wehrreform vorgenommen werden.

Am frühesten erfolgte die Abschaffung der Wehrpflicht in den anglo-amerikanischen Staaten. In Großbritannien und Kanada wurde sie 1960 abgeschafft, in den USA nach dem Ende des Vietnamkrieges im Jahr 1973. Auch Irland hält sich eine reine Berufsarmee. Das NATO-Mitglied Island hat indes überhaupt keine eigenen Streitkräfte.

Neben Österreich haben auch die anderen neutralen oder bündnisfreien Länder Schweiz, Finnland und Schweden noch die Wehrpflicht, ebenso wie alle mittel- und osteuropäischen Länder. (APA)

Im Folgenden die Wehrpflicht im europäischen Vergleich (Land Dauer in Monaten)

  • Österreich 8
  • Dänemark 4-12
  • Finnland 8-11
  • Deutschland 9
  • Griechenland 18-22 (Verkürzung um 2 Monate geplant)
  • Italien 10 (Umstieg bis 2004)
  • Portugal 4-18 (Umstieg eingeleitet)
  • Schweden 7-20
  • Norwegen 6-12
  • Ungarn 6
  • Slowakei 9
  • Polen 12
  • Russland 24
  • Slowenien 7
  • Türkei 18

 

  • Niederlande Berufsheer
  • Belgien Berufsheer
  • Irland Berufsheer
  • Frankreich Berufsheer
  • Luxemburg Berufsheer
  • Spanien Berufsheer
  • Großbritannien Berufsheer