Resektion, also Herausschneiden, ist die vielversprechendste Behandlungsmethode bei Patienten mit Lebertumoren. Die genaue Kenntnis über die betroffenen Lebersegmente, die Tumorgröße und die Lagebeziehung des Tumors zu den Gefäßen ist notwendig, um eine Abschätzung der postoperativen funktionellen Kapazität der Leber sowie eine genaue Planung der Operation zu ermöglichen.

Die dreidimensionale Darstellung von Leber und Tumor mittels "Augmented Reality"-Methoden erlaubt eine präzisere Operationsvorbereitung und hilft die optimale Behandlungsmethode für den Patienten zu finden. Mit ihrer Entwicklungsarbeit zur Visualisierung der menschlichen Leber setzten sich Grazer Forscher erfolgreich gegen die internationale Konkurrenz durch: Das Wissenschafterteam um Franz Leberl vom Institut für Computergrafik und maschinelles Sehen an der Technischen Universität in Graz erhielt vergangenes Wochenende für seine Forschungsarbeit den "Eurographics Medical Prize". Die Auszeichnung wurde im Rahmen der diesjährigen Eurographics-Konferenz, der größten europäischen Fachkonferenz für Computergrafik, im spanischen Granada vergeben.

Die operative Entfernung von befallenem Gewebe ist für Patienten mit Lebertumoren oft der einzige Ausweg. Möglichst umfassendes Wissen über die befallenen Lebersegmente und die Tumorgröße ist für einen Eingriff unerlässlich. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Organ auch nach der Operation die wichtige Funktion der Blutreinigung erfüllen kann. Hauptinformationsquelle für die Operationsplanung ist die Computertomografie, die dem Arzt aber nur zweidimensionale Querschnittsbilder des betroffenen Organs liefert.

Eine übersichtlichere 3D-Visualisierung dieser Bilddaten wird nun durch das Augmented-Reality-System der Grazer Forscher möglich. Mithilfe computergrafischer Methoden blenden die Wissenschafter virtuelle Objekte in die reale Arbeitsumgebung ein. Die Planung von lebensrettenden Operationen wird so deutlich vereinfacht: Die Mediziner können durch diese "Topografie des Tumors und der Leber" den Eingriff präziser planen.

Die Arbeiten für den prämierten Beitrag wurden im Rahmen des FWF-Projekts "Virtuelle Leberoperation mittels segmentierter CT-Bilder" in Zusammenarbeit mit Medizinern der Grazer Universitätskliniken für Radiologie und Chirurgie in zweijähriger Arbeit erstellt.

Auch die Aussichten, die sich für die Ausbildung auftun, sind viel versprechend: Neben dem Studium aus dem Lehrbuch könnten angehende Mediziner sämtliche Organe und komplexe Abläufe im menschlichen Körper künftig in realitätsnaher 3D-Darstellung anhand realer Daten erlernen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13. 9. 2003)