Seit einem Badeunfall konnte Thomas Schweiger nur den Kopf bewegen. Und den linken Arm, doch bisher ohne etwas greifen zu können. Durch ein an der TU Graz entwickeltes Verfahren kann der 30-Jährige nun selbstständig ein leichtes Glas aufheben und einen Apfel zum Mund führen, erzählt Gert Pfurtscheller vom Institut für Biomedical Engineering an der TU Graz.

Die nötigen Muskeln werden durch sechs auf dem Unterarm aufgeklebte Elektroden stimuliert. Und Schweiger aktiviert das Gerät über einen Schalter unter seinem Ellbogen - oder aber mental, mit seinen Gedanken. Wenn er daran denkt, seinen Fuß zu bewegen, werden die entsprechenden Gehirnströme im Beta-Bereich (20 Hertz) von zwei Elektroden erfasst und als Einschaltsignal weitergeleitet.

Seit zehn Jahren erforscht Pfurtscheller die Steuerung von Computern über Gedanken. Dabei werden die Hirnströme per Elektroenzephalogramm (EEG) aufgezeichnet, über spezielle Programme analysiert und die intendierte Handlung "vorhergesagt". Ein vollkommen gelähmter Wiener kann so mit seiner Umwelt kommunizieren: Buchstabe für Buchstabe wählt er per Denkimpuls aus und formt Worte. Damit die Impulse in einem für die Elektroden messbaren Bereich liegen - 20 bis 30 Millionstel Volt - müssen die Patienten monatelang trainieren. Denn ohne mentale Verstärkung ist das Signal zu schwach, so Pfurtscheller.

Elektroden im Kopf

Klarer wird das Signal, wenn es direkt aus dem Hirn kommt. Experimente dazu werden am US-Zentrum für Neuroengineering in Durham durchgeführt. Affen, denen Elektroden implantiert wurden, können über Gedanken einen Roboterarm bewegen. Dabei werden die Elektroden aber tief ins Hirn gestochen. Zwar auch mit einem Eingriff verbunden, aber weniger riskant ist das Auflegen von Elektroden auf das Gehirn, durch ein kleines Loch im Kopf. Dabei arbeitet Pfurtscheller mit der Universität Michigan zusammen. In einem fünfjährigen Projekt werden Daten von Epilepsie-Patienten analysiert, denen zur Lokalisierung ihrer Krankheit Hunderte Elektroden aufs Hirn gelegt werden. "Die Vision dieser Forscher ist es, mit Gedanken einen Rollstuhl zu steuern", erklärt Pfurtscheller. (Heidi Weinhäupl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 9. 2003)