Wien - Angesichts der Missstände im Wiener Geriatriezentrum am Wienerwald erhöht die ÖVP den Druck zur Abberufung von Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann. "Ich appelliere an Bügermeister Michael Häupl , dass er raschest einen handlungsfähigen Stadtrat für Gesundheit einsetzt", sagte Matthias Tschirf, Klubobmann der Rathaus-ÖVP, am Montag in einer Pressekonferenz. Andernfalls werde seine Fraktion kommenden Mittwoch im Sondergemeinderat einen Misstrauensantrag gegen Pittermann einbringen.

"Eigentlich wissen wir seit zehn Tagen nicht, wie es weitergeht", klagte Tschirf. "Der jetzige Zustand ist einfach entsetzlich, die Verunsicherung ist groß." Es brauche daher einen neuen Stadtrat, der vor allem in Hinblick auf die Organisation des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) die notwendigen Schritte setze. Zur Aufklärung von Systemmängeln verhandelt die ÖVP mit der FPÖ und den Grünen derzeit über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Wenn möglich, will die ÖVP den Antrag dafür ebenfalls in der kommenden Sondersitzung des Gemeinderats einbringen.

Unabhängiger Pflegeanwalt

Tschirf erneuerte die ÖVP-Forderung nach Einsetzung eines unabhängigen Pflegeanwalts. Gegen Werner Vogt, den von Pittermann präsentierten neuen Ombudsmann, habe er als Person nichts einzuwenden, so Tschirf. Grundsätzlich halte er aber einen Arzt in dieser Position nicht für ideal.

Für die Wiener Pflegeheime forderte der VP-Klubchef regelmäßige, unangekündigte Kontrollen. Die Berichte darüber müssten dem Gemeinderat vorgelegt und auch veröffentlicht werden. Notwendig sei auch die Auseinandersetzung mit der Situation des Personals. "Mir geht es nicht um einen Kopf allein, mir geht es um das gesamte System", betonte Tschirf. Er sprach sich für die Nachbesetzung offener Stellen, eine Geriatriezulage, die Image-Steigerung des Pflegeberufs und Rotationsmöglichkeiten aus.

Skandal notwendig

"Dass wir im Pflegebereich auf ein Problem zugehen, ist nicht neu", sagte Walter Marschitz, Geschäftsführer des Österreichischen Hilfswerks, bei der Pressekonferenz. Man habe wiederholt auf den drohenden Pflegenotstand hingewiesen. "Es ist aber leider so, dass es in Österreich immer einen Skandal braucht, damit ein Problem diskutiert wird und in die Öffentlichkeit Eingang findet."

Marschitz verwies darauf, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Österreich in den kommenden zehn Jahren von 540.000 auf knapp 800.000 steigen werde. Nicht nur im Bereich der Finanzierung der Pflege, sondern auch in der Ausbildung und Entwicklung der Pflegeberufe und der Schaffung der nötigen Infrastruktur seien daher erhöhte Anstrengungen notwendig.(APA)