Bild nicht mehr verfügbar.

Der Chef der IAEO, Mohammed El Baradei, richtete einen dringenden Appell an den Iran, sein Atomwaffenprogramm offen zu legen.

Foto: APA/GUENTER R. ARTINGER
Wien - Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Mohamed El Baradei, hat den Iran dringend aufgerufen, sein Atomprogramm offen zu legen. Es sei unabdingbar und wichtig, dass alle Fragen so bald wie möglich geklärt würden, sagte ElBaradei Montag bei einer Konferenz der 136 Mitgliedsstaaten der IAEO in Wien. Er hob dabei die Frage des angereicherten waffentauglichen Urans hervor.

Auch der stellvertretende italienische Außenminister Roberto Antonione forderte im Namen der EU, der Iran müsse das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft zu seinem Atomprogramm wieder herstellen. US-Energieminister Spencer Abraham verlas eine scharf gehaltene Erklärung von Präsident George W. Bush in der Vollversammlung. Versuche, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern, würden "von ein paar wenigen Schurkenstaaten" gefährdet, die in den Besitz von Massenvernichtungswaffen kommen wollten. Abraham nannte in diesem Zusammenhang den Iran und Nordkorea.

Widersprüchliche Signale aus Teheran

Hohe iranische Politiker haben widersprüchliche Signale zur weiteren Zusammenarbeit ihres Landes mit der IAEO wegen des umstrittenen Atomprogramms ausgesandt. Während der iranische Präsident Mohammed Khatami die Kooperation mit der in Wien beheimateten UNO-Atombehörde am Montag offenbar in Frage stellte, versicherte der Chef der nationalen Atombehörde, Gholam-Reza Aqazadeh, sein Land werde wie bisher mit den Wiener Experten zusammenarbeiten.

"Ich stelle es klar in nur zwei Sätzen", sagte Khatami im staatlichen Fernsehen. "Atomwaffen nein, nein nein; friedliche Nuklear-Technologie ja, ja ja. Niemand kann uns dieses legitime Recht vorenthalten." Beobachter in Teheran werteten diese Bemerkung als Hinweis, dass der Iran den Forderungen der IAEO nicht Folge leisten werde. Die IAEO-Führung hatte Teheran am vergangenen Freitag eine Frist bis Ende Oktober gesetzt, alle Details seines Atomprogramms offenzulegen.

"Wir sind nicht nur wegen unserer religiösen Überzeugungen gegen die Produktion von Massenvernichtungswaffen", begründete Präsident Khatami. "Wir sind vielmehr auch Anwälte für einen Mittleren Osten ohne Nuklearwaffen." Ohne einen konkreten Adressaten warnte Khatami vor allen Plänen, sein Land anzugreifen. Die iranischen Streitkräfte seien "für jede Art von Militärinvasion vorbereitet". Diplomaten bei der IAEO in Wien hatten zuvor berichtet, viele Iraner seien von einem Militärschlag der USA gegen ihr Land nach der Bewältigung der Probleme im Irak überzeugt.

"Nicht nur ist es nicht unser Ziel Massenvernichtungswaffen zu bauen, sondern wir wollen, dass die gesamte Region und die Welt frei von Massenvernichtungswaffen sind", sagte Khatami laut der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA. Der Iran brauche keine Atomwaffen, aber "wir wollen stark sein, und stark sein heißt, über Wissen und Technologie zu verfügen".

Der Leiter der iranischen Atomenergieorganisation, Gholamreza Aghazadeh, wiederum versicherte, sein Land sei dem Atomwaffensperrvertrag verpflichtet, der die Weitergabe von Atomwaffen und die Technologie zu ihrem Bau untersagt. Er werde die Gespräche mit der IAEO fortsetzen, die zur Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls führen sollen, das unangemeldete Kontrollen zulässt. Zuvor hatte der Iran als Reaktion auf die von den USA unterstützte Frist der IAEO damit gedroht, die Kooperation mit der Behörde einzuschränken oder sogar den Atomwaffensperrvertrag aufzukündigen.

Waffenfähiges Uran

Die 135 Delegationen der Vollversammlung haben im Gegensatz zum Direktorium nicht die Möglichkeit, mit Ultimaten oder Anrufung des Sicherheitsrats zu drohen. Sie können aber dem IAEO-Sekretariat Maßnahmen zur Weiterleitung an das Direktorium empfehlen. Die IAEO hatte bei Kontrollen im Iran Spuren von angereichertem Uran entdeckt. Der Fund hatte Befürchtungen ausgelöst, dass der Iran heimlich an einem verbotenen Atomwaffenprogramm arbeite.

Der Iran hatte dagegen erklärt, die Spuren rührten von importierter Ausrüstung her. Die IAEO setzte dem Iran Ende vergangener Woche eine Frist bis Ende Oktober, den UNO-Inspektoren die Klärung der offenen Fragen zu ermöglichen.

Die Generalversammlung berät auf ihrer Jahrestagung auch über die mutmaßliche Atommacht Israel. Beobachter erwarteten eine heftige Diskussionen, die arabischen Staaten kritisierten bereits mehrfach, dass zu Israel bisher geschwiegen wurde.(DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2003/APA, dpa)