Neben Brasilien hatte sich Indien in Cancun zu einem der Sprachführer der G-21 aufgeschwungen, einer Gruppe von mehr als 20 Entwicklungs- und Schwellenländern. Obwohl sie zusammen mehr als 60 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, konnten sie sich doch nicht gegen die Reichen und Mächtigen durchsetzen. Kern des Problems ist die Landwirtschaft: Die USA und die EU subventionieren ihre Bauern mit Milliardenbeträgen und halten Agrarprodukte künstlich billig. Produkte aus Entwicklungsländern sind kaum noch konkurrenzfähig.
"Beste Lösung"
Nachdem klar war, dass das Kompromisspapier des mexikanischen Außenministers Luis Ernesto Derbez keinen Zeitplan für ein Ende der Agrarsubventionen in reichen Ländern, dafür aber eine Diskussion über Marktöffnung in armen Ländern vorsah, sagte ein enttäuschter Jaitley: "Wir fragen uns jetzt, ob sich Entwicklung hier nur auf die Weiterentwicklung von schon entwickelten Ländern bezieht." Applaus bekam er dafür sogar von den Delegierten des Erzfeinds Pakistan.
Nach der Vorlage des Papiers wurden in Indien Stimmen aus Politik und Wirtschaft laut, die ein Scheitern der Verhandlungen als die inzwischen beste Lösung ansahen. Denn die Parole für das indische WTO-Verhandlungsteam war unmissverständlich: Kein Nachgeben bei der Landwirtschaft, hieß es aus Neu Delhi. Ein Kompromiss, der die Situation der 650 Millionen indischen Bauern verschlechtern könnte, müsse verhindert werden - im November stehen in wichtigen indischen Bundesstaaten Wahlen an, im kommenden Jahr sind Parlamentswahlen.