Wien - Nach drei Jahren kommt es im Krankenpflegebereich zu den ersten Burnout-Syndromen. Das ist durch wissenschaftliche Studien belegt. Das bestätigen die persönlichen Eindrücke der Autorin aus dem Spitalsalltag. Und dies gilt, obwohl der Pflegeberuf häufig von Frauen und Männern gewählt wurde, die sich bewusst für soziales Arbeiten entschieden haben, die helfen wollten.

Nach einer guten Ausbildung brennen die meisten darauf, das Erlernte umsetzen zu können. Der Berufsalltag gestaltet sich jedoch oft anders: Pfleger und Schwestern finden sich als Puffer zwischen Arzt und Patienten wieder. Oft gibt es zwischen Kranken und Medizinern keine Gesprächsbasis. Bei längeren Krankenhausaufenthalten entstehen überdies besondere Vertrauensverhältnisse zwischen Pflegedienst und Patienten. Vor allem ältere Patienten bringen erst sehr spät den Mut auf, Fragen und Ängste zu formulieren - und die Vertrauenspersonen finden sie im Pflegedienst. Die Gesprächspartner nehmen die Sorgen nicht selten mit nach Hause.

Der Beruf ist familienfeindlich. Konkret heißt das, dass eine Mutter von einem Tag- in den Nachtdienst und im Anschluss in einen Wochenenddienst fallen kann und just dann frei hat, wenn die Kinder in der Schule sind und der Lebenspartner im Büro ist.

Körperliche Folgen

Dazu kommt: Die körperlichen Anstrengungen gehen an niemandem spurlos vorbei. Schon im Nachtdienst, gegen zwei Uhr früh, beginnen Schwestern mit dem Waschen der ihnen anvertrauten Menschen, damit wirklich alle Patienten bis zum frühen Vormittag frisch sind - wer in den frühen Morgenstunden schon wach ist, kommt dran. Es gäbe zwar einen Frühdienst, der für diese Arbeit da ist. Zwei Pflegerinnen für 20, vielleicht 30 Personen kommen in der vorgesehenen Zeit jedoch mit der Arbeit nicht zurecht.

Durch das jahrelange Heben der Patienten sind vor allem Wirbelsäule und Bandscheiben in Mitleidenschaft gezogen. Das sind früher oder später sichtbare Abnützungen. Die Belastungen für die Psyche, denen die Menschen im Pflegedienst auf Dauer ausgesetzt sind, sind mindestens genau so groß - und nicht minder klein ist die Gefahr, zu einem menschlichen Kühlschrank zu mutieren.

Pflegerinnen erleben so viele Facetten des Schicksals, dass viele mit dem Verarbeiten überfordert sind. Natürlich wird Supervision angeboten, aber die Skepsis diesem Instrument gegenüber war stets groß. Die Vermutung liegt nahe, dass manche dies als Outing verstehen. (Josefine Zeppetzauer, Der Standard, Printausgabem 16.09.200)