Olga Grimm-Weissert aus Paris

Der Schwerpunkt: die 70er-Jahre. Und: das Hinterfragen gesellschaftlicher Strukturen. "Hier liegen die Wurzeln meiner Arbeit", meint Valie Export über ihren Überblick von Körperkonfigurationen, mit dem nicht zuletzt auch "die Geschichte der ehemaligen Avantgarde gezeigt wird, die ja heute im Spital liegt".

Der Ausstellungsparcours im Centre national de la photographie beginnt mit der Installation I (beat it). Eine Aktfotografie, auf der sich die Körperkünstlerin durch zugeschnallte Ledermanschetten an den Arm- und Beingelenken zur Unbeweglichkeit verdammt, schwimmt in einer mit Altöl gefüllten Metallwanne. Aus drei Monitoren kläffen Schäferhunde, die Staat, Gesellschaft und männliche Ideologie symbolisieren.

Valie Export setzte ihren Körper radikal ein. Siehe die Foto-Plakatwand, wo sie etwa mit männlichem Jeans-Hosenanzug abgebildet ist, der im Schritt aufgeschlitzt ist. Sie demaskierte den (männlichen) Voyeurismus, konfrontierte die Fantasievorstellungen mit harten Realitäten.

Da enthält die Vitrine mit der inzwischen weltbekannten, kleinen Zigarettenpackung der Marke Export, die der Künstlerin auch als Basismetapher dient und 1967 zu ihrem Pseudonym führte, schon fast eine harmlose Arbeit. Aber auch hier trügt der Schein, nämlich wenn die Frau das Phallussymbol Zigarette in den Mund steckt.

Die Kunst als Ware: Exports Schenkel, mit einem tätowierten Strumpfband 1970 fotografiert, plus ein aufgemalter Zusatz an Schamhaaren (Body Sign Action) liefert das Plakat zur Ausstellung. Sie zeigt Wunschvorstellungen auf, weist auf festgefahrene Verhaltensweisen hin, denunziert sie mit Ironie, Aggressivität - aber dennoch lustbetont.

Was Valie Export - deren Arbeit stark in der Wiener Tradition verwurzelt ist - von ihren oft extrem destruktiven Künstlerzeitgenossen unterscheidet. Ihre Kritik ist ein konstruktives Konzept. Sie erreicht ihr Ziel, das Infragestellen. Legendär ihr Tapp- und Tastkino, wo Herren, die es (gegen Bezahlung) wagten, überprüfen konnten, ob Export "was vor dem (bzw. im) Kasten" hatte.

Daneben sieht man in Paris auch Arbeiten aus der Architekturfotoserie, in der der Körper der Künstlerin sich den ehrwürdigen Gebäuden anpasst, sowie Serien aus den 70er-Jahren, wo Stadtlandschaften objektiv festgehalten wurden. Weiters mehrere Installationen und Videos, die mit der Wahrnehmung oder deren Täuschung spielen.

Irritation und Macht

Adjunction Dislocation, eine Rauminstallation, bei der eine sich drehende Kamera den mit Streifen ausgemalten Raum, in dem eine Leiter steht, filmt (in der Version von 1973), bietet einen anderen Aspekt der Multimediakünstlerin. Besonders interessant sind die Zeichnungen, auf denen Valie Export u.a. eine Madonna mit dem Gasschlauch aufzeichnet. Ein potenziell explosiver Endlospenis, den die junge Frau in ihre Vagina einführt.

Paul McCarthy, der die Idee des Schlauchpenis übernahm, ist da wesentlich weniger radikal als unser Export-Artikel. Die letzte ausgestellte Arbeit, Die Macht der Sprache (2002), ist ein Videoband, sechsmal in Monitoren zu betrachten. Der Blick fällt in die Sprachritze. "Die Sprachritze ist der Ursprung der Sprache", erklärt die Künstlerin. Der Satz, den diese Sprachritze formuliert, lautet: "Die Macht der Sprache zeigt ihre Spur noch lange nach dem Schweigen." Die Macht der Export-Thematik legt ihre langjährige feministische Sprengspur kreuz und quer über das männlich-weibliche Universum.
Bis zum 21. Dezember