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Die Air France will gemeinsam mit der KLM abheben.

foto: apa
Paris - Der Umbruch im europäischen Luftverkehr könnte diese Woche in seine entscheidende Phase treten. Noch ist nichts beschlossen, aber hinter den Kulissen laufen die Verhandlungen auf Hochtouren. Auch die Finanzmärkte warten gespannt, seitdem die niederländische Fluggesellschaft KLM erstmals offiziell bestätigte, Gespräche mit Air France über ein Zusammengehen befänden sich in einem fortgeschrittenen Stadium.

KLM-Kapital breit gestreut

Die französische Airline hält sich bedeckt; eine Sprecherin wollte keine Stellung nehmen, sondern verwies auf Mittwoch, wenn nach Verwaltungsrats- und Betriebsratssitzungen über das Projekt informiert werden könnte.

Laut Pariser Presseberichten ist keine Fusion, sondern ein Aktientausch geplant. Air France übernähme 100 Prozent des KLM-Kapitals und träte umgekehrt rund 15 oder 20 Prozent eigener Anteile an KLM ab. KLM verlangt gleichzeitig einen weit gehenden Rückzug des französischen Staates, der an Air France derzeit 54 Prozent hält und die seit langem geplante Teilprivatisierung beschleunigen und ausdehnen müsste; mittelfristig würde er nur noch etwa 20 Prozent an der Airline halten. Das KLM-Kapital ist breit gestreut, doch wahrt der niederländische Staat eine "goldene Aktie" und damit wichtige Mitspracherechte.

KLM hatte in den vergangenen Jahren eher mit British Airways (BA) geliebäugelt; auch eine Annäherung an Alitalia stand auf dem Programm. Heute scheint Air France allerdings der sicherere Wert; sie bleibt trotz der Luftfahrtskrise in den schwarzen Zahlen, während die Niederländer vor allem wegen der Asien-Strecken mit Verlust arbeiten.

Druck aus den USA

Dass sie sich unter französische Fittiche begeben wollen, geschieht offenbar nicht zuletzt auf sanften amerikanischen Druck. Delta Airlines, Continental und Northwest, die seit einem Jahr zusammenspannen, haben alle Interesse, dass auch ihre jeweiligen europäischen Partner Air France und KLM zusammenrücken.

Dies würde die globale Allianz "Skyteam" aufwerten, deren Kern Delta und Air France bilden. Falls ihr auch KLM, Continental und Northwest beiträten, könnte Skyteam sogar die beiden führenden Luftverkehrsverbünde Oneworld (British Airways, American Airlines und andere) und Star Alliance (Lufthansa, United Airlines) überflügeln.

Alitalia mit KLM im Rechtsstreit

Dies umso mehr, falls auch Alitalia mit Air France und KLM eine enge Kooperation einginge. Die - tief verschuldete - italienische Fluggesellschaft zeigte sich am Wochenende jedenfalls interessiert daran. Dieser Anschluss würde aber zweifellos erst in einem zweiten Schritt erfolgen; derzeit liegt Alitalia (Staatsanteil 62 Prozent) mit KLM noch im Rechtsstreit über die Rückzahlung von Vorleistungen, die im Hinblick auf die einst geplante Partnerschaft erbracht worden waren.

Nach Expertenmeinung müssen KLM und Air France über ihren Schatten springen, um ihre unterschiedlichen Unternehmenskulturen in Einklang zu bringen. (Stefan Brändle, DER STANDARD Print-Ausgabe, 16.9.2003)