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Efraim Zuroff startet die "Operation letzte Chance" zur Ergreifung österreichischer NS-Täter

foto: reuters/cristel
Wien - Der NS-Kriegsverbrecher-Jäger und Leiter des Jerusalemer Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, gab am Dienstag in Wien den Startschuss für die "Operation letzte Chance" zur Ergreifung österreichischer NS-Täter. Im vergangenen Jahr erfolgreich im Baltikum gestartet, soll nun auch hier zu Lande eine in Aussicht gestellte Prämie in Höhe von 10.000 Dollar (8.864 Euro) für Hinweise auf noch nicht verurteilte Kriegsverbrecher des Nazi-Regimes zur Ergreifung von NS-Tätern führen. In einer Pressekonferenz prangerte Zuroff an, dass Österreich im Ländervergleich jener Staat sei, der am wenigsten aktiv zur Verfolgung und Verurteilung von NS-Verbrechern beigetragen habe.

Der Financier hinter der jüngsten Aktion Zuroffs ist Aryeh Rubin, Vertreter der Stiftung Targum Shlishi. Rubin betonte am Dienstag: Er hoffe, für die betroffenen Kriegsverbrecher werde die letzte Nacht die letzte friedvoll verbrachte Nacht sein. Denn ab sofort müsse sich jeder, der kein reines Gewissen bezüglich seiner Teilnahme an NS-Verbrechen habe, vor Verfolgung fürchten. Das Wiesenthal Center wird dazu in den heimischen Printmedien Anzeigen schalten, in denen eine Telefonnummer genannt wird, an die man sich wenden kann. Per E-Mail kann man sich zudem direkt an das Center in Jerusalem wenden, und zwar unter: swcjerus@netvision.net.il. Die Prämie wird dann ausbezahlt, wenn ein Hinweis zur Verfolgung und Verurteilung der genannten Person geführt hat.

47 Namen an das Justizministerium

Eine Liste mit 47 Namen potenzieller NS-Kriegsverbrecher hat Zuroff bereits dem Justizministerium vorgelegt und in der Angelegenheit auch gestern, Montag, Nachmittag ein Gespräch mit Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) geführt. Dazu betonte Zuroff, Böhmdorfer habe "die richtigen Dinge gesagt" und volle Kooperation zugesichert. Es sei allerdings "leicht, das Richtige zu sagen" - zu messen werde Böhmdorfer und Österreich an den Taten sein.

"Nur die Spitze des Eisbergs"

Die übergebene Liste, bei der man nicht wisse, ob alle Betroffenen einerseits noch leben, sich andererseits in Österreich aufhalten würden, sei aber nur "die Spitze des Eisbergs", betonte Zuroff. Besonderes Augenmerk hat das Wiesenthal Center auf das Thema Polizei-Bataillone gelegt. Zahlreiche Vertreter solcher Bataillone seien Österreicher gewesen - im Gegensatz zu Deutschen habe es aber keine einzige Verurteilung eines Bataillon-Angehörigen gegeben. Der deutsche Historiker Stefan Klemp hat dazu für das Center Recherchen durchgeführt, die ergaben, dass rund 500.000 Opfer auf das Konto der Bataillone gingen. Bisher war man immer von einer Opferzahl von 100.000 ausgegangen.

Eigene Stelle erwünscht

Zuroff hielte es daher für angebracht, in Österreich - wie das in anderen Staaten schon längst geschehen sei - eine eigene Stelle einzurichten, die sich auf die Suche nach NS-Kriegsverbrechern mache, denn noch sei es nicht zu spät. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, meinte, es wäre schon ein Beitrag geleistet, wenn man sich jene ansehen würden, die sich immer noch zu SS-Kameradschaftsstreffen zusammenfänden und entsprechende Untersuchungen starten würde. Muzicant betonte, dass Österreich zwar in der Verbotsgesetzgebung sehr viel getan habe, aber was die Verfolgung und Verurteilung von Nazi-Verbrechern angehe, "das Schlusslicht in Europa" sei. (APA)