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Foto: APA/Schnarr
"Ich habe immer gemacht, was mich interessiert. Würde mich Karottenzüchten interessieren, würde ich Karotten züchten." - Die mediale Aufmerksamkeit für Karottenzüchter hält sich allerdings in engen Grenzen, und auch deshalb interessiert Helmut Zilk der Job als Leiter der Bundesheer- Reformkommission derzeit mehr. Zu alt fühlt er sich mit 76 Jahren dafür nicht.

Und dass er bisher selten mit militärischer Expertise aufgefallen ist, hindert ihn genauso wenig, das Angebot des Kanzlers anzunehmen, wie das Faktum, dass er künftig für Schwarz-Blau arbeitet. Zilk ist zwar Sozialdemokrat, war aber nie ein Mann der Partei, des Parteiapparates - höchstens des Fernsehapparates.

Das Amt des Leiters der Heeres-Reformkommission ist nur das neueste Gesicht der öffentlichen Figur Zilk. Gesichter hatte der Kontra-Bass schon viele: Er war zehn Jahre populärer Wiener Bürgermeister, der liebevoll Fahrradständer eröffnete, defekte Straßenlampen aufspürte und den Straßenkehrern zeigte, wie sie den Besen zu halten haben. Aber auch eine neuartige Drogenberatungsstelle, den "Ganslwirt", genauso durchsetzte wie den Integrationsfonds nach einem von Ausländerhetze dominierten Wahlkampf.

Wien ist unter ihm zur Metropole gestylt und illuminierter geworden - er hat sich um mehr Licht und eine lebendige Beislszene gekümmert.

Selbst Parteifreunden, falls Zilk je welche hatte, fiel es schwer, den Exfernsehdirektor und ewigen Oberlehrer einzuordnen: Polterte doch Populist Zilk am einen Tag gegen Sozialschmarotzer. Und profilierte sich am anderen Tag als Anti-Lueger, der das Anti-Faschismus-Denkmal Alfred Hrdlickas aufstellen und das jüdische Museum bauen ließ. Zilk war Kulturstadtrat, Unterrichts- und Kulturminister - vor allem aber Ombudsmann: zuerst im ORF, dann in der Krone, zwischenzeitig im Bürgermeisteramt, jetzt wieder in der Krone.

Auch nach seinem Rückzug als Bürgermeister 1994 blieb Zilk kabarettistisch medial omnipräsent, im Duett mit seiner dritten Frau Dagmar Koller oder ohne sie, als "Lebenskünstler" im TV. Die polternde Stimme des notorischen Querredners durfte nie fehlen, wenn es gegen die eigene Partei ging. So war Zilk gegen Rot-Grün, gegen die Ausgrenzung der FPÖ - und zuletzt gegen und für so viel, dass es selbst Freunden schwer fiel, ihn ganz ernst zu nehmen.

Das Plädoyer für eine Annäherung an die FPÖ hat Zilk aber immer ernst gemeint: Selbst in seinen schrecklichsten politischen Tagen, als er nach einem Briefbombenattentat mit zerfetzter linker Hand im AKH lag, hat er dort Jörg Haider empfangen. Und damit ein Signal gesetzt.

Eines der vielen Signale eines Mannes mit vielen Gesichtern. Der nun dem Bundesheer ein neues Gesicht geben soll. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.9.2003)