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Wien - So einig waren sich die Oppositionsparteien in Wien bisher selten: Am Mittwoch haben FPÖ, ÖVP und Grüne in einer Pressekonferenz einen gemeinsamen Antrag auf einen U-Ausschuss zur Pflegedebatte präsentiert.

Start im Oktober

Die gemeinderätliche Untersuchungskommission - wie sie offiziell heißt - soll bereits im Oktober starten. Als Zeugen sollen unter anderem Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann (S) und Bürgermeister Michael Häupl (S) geladen werden. Auch Besuche in Pflegeeinrichtungen sind vorgesehen.

Die Arbeit der Kommission wird, so schätzen die Initiatoren, rund ein Jahr dauern. Laut Antrag wird es um "gravierende Missstände bei der Pflege von alten Personen und Personen mit Behinderung im Verantwortungsbereich der Gemeinde Wien" gehen. Anlass für den U-Ausschuss ist die Causa Lainz. Im dortigen Geriatriezentrum habe es "einer europäischen Weltstadt unwürdige Zustände" gegeben, kritisiert die Opposition.

Keine Einzelfälle

"Hier geht es um ein Thema, dass die Stadt bewegt. Jeder denkt letztendlich auch an die eigene Zukunft", versicherte ÖVP-Klubobmann Matthias Tschirf. Es mache betroffen, wenn in einer Stadt, "die so reich ist", so etwa passiere. "Dabei geht es nicht um Einzelfälle, sondern um Strukturmängel", betonte der VP-Politiker. Der U-Ausschuss soll laut Tschirf zu "einer ruhigen Bestandsaufnahme" und für die Suche nach Lösungen genutzt werden.

Geklärt werden müsse unter anderem, warum es keine regelmäßigen Überprüfungen gegeben habe. Kritik übte Tschirf auch am "System der Unverantwortlichkeit", wo Verantwortung nach unten delegiert werde. Auch sei es ein "Skandal", dass es in Wien noch immer kein Pflegeheimgesetz gebe.

"Wir wollen, dass der Scheinwerfer im nächsten Jahr auf die Missstände gerichtet wird", meinte die Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen, Sigrid Pilz. Ein erster Schritt sei, zu schauen, "wer versagt hat". Auch sie kritisierte das Fehlen eines entsprechende Pflegeheimgesetzes - bzw. die ursprüngliche Vorlage dazu. Darin sei keine Rede vom Abschaffen der Acht-Bett-Zimmer gewesen und auch nicht erwähnt worden, dass Groß-Heime wie in Lainz nicht mehr zeitgemäß seien.

Neue überschaubare Struktur gefordert

Auch Gesundheitsstadträtin Pittermann habe dies inzwischen eingesehen, meinte Pilz. Im Rahmen der U-Kommission sollen die in Aussicht gestellten Verbesserungen eingefordert werden. Dazu gehört laut Pilz eine "wohnortnahe, überschaubare Struktur" sowie der Ausbau der Betreuung zu Hause. Dafür werde Pittermann auch "Geld in die Hand nehmen müssen".

Der Vorsitzende des Kontrollausschusses, Wilfried Serles (F), zitierte aus dem Felix Mitterer-Stück "Sibirien", in dem ein alter Mann im Pflegeheim seine Situation mit der Kriegsgefangenschaft vergleicht. "Bezogen auf Wien heißt das, dass das keine Übertreibung des Autors ist", meinte Serles. Er betonte: "Wir wollen aufklären, wie das alles kommen konnte." Dabei solle das Versagen von Kontrolle und Management geklärt werden.

Zusammenarbeit zwischen U-Ausschuss und Kontrollamt Serles kündigte auch eine Zusammenarbeit zwischen U-Ausschuss und Kontrollamt an. Und er wolle den Ablauf der Sitzungen im Vergleich zur ersten U-Kommission - die sich mit Flächenwidmungen beschäftigt hat - ändern. "Die Verhandlung soll nicht mehr so schleppend von sich gehen, wie beim letzten Mal", meinte Serles. Vielmehr müsse die Möglichkeit eines "Kreuzverhörs" geschaffen werden.

Die U-Kommission wird beim Sondergemeinderat zum Thema Lainz am 24. September eingesetzt. Die dafür notwendigen 30 Unterschriften kommen von allen drei Oppositionsparteien, im Gemeinderat will aber auch die SPÖ den Antrag unterstützen. Der Vorsitzende der Kommission - etwa ein Rechtsanwalt oder Richter - wird am 26. September ausgelost. Dieser muss dann innerhalb von 14 Tagen die erste Sitzung einberufen. (APA)