Luxemburg/Brüssel/Wolfsburg - Der VW-Konzern hat vor dem höchsten EU-Gericht eine Niederlage erlitten und muss nun endgültig 90 Mio. Euro Strafe wegen verbotener Marktabschottung zahlen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte am Donnerstag in Luxemburg eine entsprechende erstinstanzliche Entscheidung der EU- Richter. Es ist das höchste Bußgeld, das Brüssel bisher gegen einen Autohersteller durchsetzte. Laut VW hat das Millionen-Bußgeld keine Auswirkungen auf den Gewinn, da rechtzeitig Rücklagen gebildet worden seien.

Jahrelanger Rechtsstreit beendet

Das Urteil beendet einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen VW und der EU-Kommission, die das Strafgeld bereits 1998 angeordnet hatte. Der Konzern habe in den 90er Jahren systematisch deutsche Kunden am Kauf preisgünstiger VW- und Audi-Autos in Italien gehindert, hatte es geheißen.

Das Strafgeld von ursprünglich 102 Mio. Euro war vor drei Jahren vom EU-Gericht Erster Instanz auf 90 Mio. Euro gesenkt worden. VW hatte vor Gericht vergeblich beantragt, das erste Gerichtsurteil und auch die Entscheidung der EU-Kommission selbst aufzuheben.

Ermittlungen gegen Renault und PSA

Die EU-Kommission sieht sich in ihrem Vorgehen gegen Autohersteller bestätigt, die Preise künstlich hochhalten. Aus der Kommission wurde bestätigt, dass Ermittlungen gegen die französischen Hersteller Renault und den Citroen-Peugeot-Konzern (PSA) immer noch laufen. Geschäftsräume von Peugeot waren gleich zwei Mal - 1999 und 2003 - von EU-Ermittlern durchsucht worden. Verfahren wurden bisher nicht eröffnet. Offen blieb, wann dies geschehen könnte.

Der EuGH verfügte im Fall VW die endgültige Minderung des Bußgeldes, da der Verstoß nur von 1993 bis 1996 gedauert habe. Die EU-Kommission habe nicht hinreichend beweisen können, dass der Marktmissbrauch länger angedauert habe.

Kundenbeschwerden

Die Kommission war in den 90er Jahren nach Beschwerden von österreichischen und deutschen Kunden tätig geworden. Die italienische Autovertriebstochter Autogerma wollte diesen Kunden keine Wagen verkaufen. Die Fahrzeuge waren zeitweise vor allen wegen der schwachen Lira deutlich günstiger als in Deutschland. Die Kommission hatte ihr hohes Strafgeld mit einer "Strategie" von VW, Audi und Autogerma begründet, so genannte Rück-Importe zu verhindern.

Der VW-Sprecher sagte, mit der Einführung des Euro und der neuen Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) hätten sich die Rahmenbedingungen für den Autohandel in Europa erheblich geändert. Die GVO der EU regelt den europäischen Wettbewerb innerhalb der Autoindustrie. VW hat darauf mit neuen Händlerverträgen agiert, die vom 1. Oktober an gelten.

Die Kommission ist bei ihrer Untersuchung des über 40 Jahre alten VW-Gesetzes noch nicht zu Ergebnissen gekommen, sagte ein Sprecher der Behörde. Sie hatte im Frühjahr gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Prüfverfahren eröffnet, da das Gesetz zur Verhinderung feindlicher Übernahmen in Wolfsburg möglicherweise den freien Kapitalverkehr in der Union behindert. (APA/dpa)