Wien - Einmal mehr werden im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) heftige interne Untersuchungen durchgeführt. Anlass sind diesmal jene neun ungeklärten Todesfälle, die sich heuer bereits im Otto-Wagner-Spital ereignet haben sollen.

Ungeklärte Todesfälle

Anlässlich dieser ungeklärter Todesfälle im Spital hat ein Gerichtsmediziner der Universität Wien nach Obduktion der Leichen dokumentiert, dass er diese für eine "auffällige Häufung" halte - DER STANDARD berichtete. All diesen Fällen gemeinsam sei, dass es sich bei den Toten um Mehrfachdrogenabhängige handelte und sie in den frühen Morgenstunden im Spitalsbett verstorben seien, sagt Heinz-Eberhard Gabriel, ärztlicher Direktor im Wagner-Spital, zum Stand der spitalsinternen Untersuchung.

Patie seien auf verschiedenen Stationen gewesen Mehr Gemeinsamkeiten gebe es nicht, die Patienten seien auf verschiedenen Stationen gewesen und von jeweils anderen Pflegepersonen betreut worden. Zwei der Toten waren nach Erbrechen erstickt und später von der Nachtschwester aufgefunden worden. Auf die Frage, ob die korrekte Betreuung der Patienten durch die Pflegedokumentation lückenlos nachzuweisen sei, antwortet der Direktor: "Ja." Wie im Nachtdienst üblich, werde in Eineinhalb-Stunden-Abständen kontrolliert. Jener Patientenakt, bei dem angeblich Blätter herausgerissen worden seien, sei ihm bisher nicht untergekommen, obwohl er fast alle neun Fälle bereits durchgegangen sei.

Todesfälle nicht ungewöhnlich

Die Zahl der ungeklärten Todesfälle hält er für nicht ungewöhnlich. Assoziationen zur den Mordsschwestern von Lainz, die gezielt Patienten erstickt hatten, weist Gabriel strikt zurück. Übergriffe von Mitarbeitern schließt er aus.

Auch in der Kriminaldirektion sagt Leiter Ernst Geiger, dass es sich um "kein zweites Lainz" handle. Es gebe keinesfalls Mordverdacht, betont er. Dass klinisch nicht erklärbare Todesursachen automatisch der Staatsanwaltschaft gemeldet werden, sei üblich. Seitens der Staatsanwaltschaft bestätigt Helmut Keller Ermittlungen und Anzeigen in zwei Todesfällen, von den anderen wisse man noch nichts. Es werde nun der Gerichtsmediziner kontaktiert, sagt Kriminalchef Geiger.

Rücktrittsgerüchte Bei Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann ist also erneut Krisenbewältigung angesagt, nach den aufgedeckten Missständen im Geriatriezentrum "Am Wienerwald" überschlagen sich die schlechten Nachrichten in ihrem Ressort.

Ein Untersuchungsausschuss steht zur Klärung der Verantwortung ebenso bevor wie ein Sondergemeinderat.

FPÖ-Gemeinderat Wilfried Serles forderte am Donnerstag erneut Pittermanns Rücktritt. Rathausintern mehren sich Gerüchte, wonach ihr Rücktritt nur noch eine Frage von "wann" sei. (Roman Freihsl, Andrea Waldbrunner, DER STANDARD Printausgabe 19.9.2003)