Es ist vollbracht. Das unrühmliche Kapitel Voest-Privatisierung ist abgeschlossen - zumindest für die nächsten drei Jahre. Dann wird sich zeigen, was die Umtauschanleihe, mit der Politiker und die Verstaatlichtenholding ÖIAG die Entstaatlichung weitere drei Jahre hinausschieben, gebracht hat.

Denn in Wahrheit hat die ÖIAG, von den Wendepolitikern werbewirksam auf Rückzahlung der alten Verstaatlichten- und Postschulden verpflichtet, ein Darlehen aufgenommen, das sie in drei Jahren zurückzahlen muss. Noch dazu eines, das mit Ungewissheiten verbunden ist. Eine solche Umtauschanleihe kann nämlich sehr teuer kommen. Gleichgültig, ob der Voest-Aktienkurs in 36 Monaten bei 30 Euro oder bei 50 liegt. Die Differenz zu den 41,275 Euro, auf die sich die ÖIAG bei der Anleihenbegebung unverständlicherweise festlegte, muss die den Steuerzahlern gehörende ÖIAG blechen.

Privatisierungsdogmatiker

Woher dieses Geld kommen wird, braucht die Privatisierungsdogmatiker in der Regierung nicht zu interessieren, sie sind bis dahin wahrscheinlich Geschichte wie die 500 Millionen Euro aus dem Voest-Verkauf.

Ein Witz ist, dass die Zeichner dieser Anleihe nach drei Jahren Laufzeit nicht einmal die Garantie haben, Voest-Aktien zu erhalten. Denn die ÖIAG behält es sich vor, ob sie in Bargeld, in Aktien oder in Cash plus Aktien zurückzahlt. Das auch noch als "strategische Freiheit" zu bezeichnen, die man wahren will, ist schon wieder originell. Wenn die Voest Pech hat, bleibt ihr die ÖIAG als Kernaktionär erhalten, der gemeinsam mit der Mitarbeiterstiftung vielleicht nichts bewegen, so doch dem Vorstand das Leben schwer machen kann.

Wie auch immer, schuld an der ganzen Misere sind für ÖIAG-Präsident Alfred Heinzel natürlich nicht die völlig von Politikern und Banken abhängigen Berufsverkäufer in der Wiener Kantgasse, sondern die politischen Umstände. "Leider. Das ist Österreich", seufzte Heinzel nächtens ins TV-Mikrofon.

Privatisierung einfach vergeigt

In Wahrheit haben die - wie nie zuvor an der Nabelschnur des Finanzministers hängenden - ÖIAG-Aufsichtsräte und -Vorstände die an sich vernünftige und wünschenswerte Voest-Privatisierung einfach vergeigt. Erst haben sie sich zur Überraschung der Finanzwelt an der Kapitalerhöhung der Voestalpine beteiligt. Weil sie die Wertsteigerung des zum Paradeunternehmen Österreichs mutierten Stahlkonzerns unbedingt begleiten wolle, wie es treuherzig hieß.

Das hat der ÖIAG zwar eine höhere Dividende, aber einen schlechten Ruf eingebracht. Niemand wusste mehr, ob sie nun Privatisierungsagentur spielen wollte oder doch lieber Kernaktionär. Kleiner Trost: Angesichts des Verkaufspreises von 32,50 Euro ist es nun amtlich, dass die ÖIAG an der Voest-Aufstockung im Vorjahr keinen Cent verdient hat. Ein Nullsummenspiel, denn es wurden weniger Schulden abgetragen.

Die Debatte um einen möglichen Verkauf der Voest an Frank Stronachs Magna-Konzern tat das Übrige.

Aufgelegten Elfer

Bei so vielen aufgelegten Elfern ist es doch bemerkenswert, dass die Privatisierungsgegner, allen voran die SPÖ, keinen einzigen Treffer landen konnten. Ihr Hauptargument, die Republik verschleudere ihr Vermögen weit unter Wert, ist nämlich keines. Denn kein Stahlkonzern dieser Welt notiert an der Börse zum Buchwert.

Im Gegenteil, die Voest war diesem von allen noch am nächsten. Stahlwerte sind zwar weit besser als ihr Ruf, sie gelten aber als altmodisch. Ein Zustand, der auch den Edelstahlerzeuger Böhler-Uddeholm belastet. Aus diesem Grund investiert die Voest auch wie wild in die Verarbeitung, der Stahlanteil muss von derzeit 47 Prozent des Umsatzes herunter und durch Autokarosserien und Bahnsysteme ersetzt werden. Ein Wunder, dass die Voestalpine die ganze Malaise relativ unbeschadet überstanden und neue Eigentümer bekommen hat.

Klar sein müsste den Verfechtern von Kernaktionärs-und Verländerungsstrategien, dass diese ÖIAG dafür nicht geschaffen ist. (Luise Ungerboeck, Der Standard, Printausgabe, 20.09.2003)