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Annan bei einer Gedenkveranstaltung der UN-Generalversammlung für die Opfer des Bombenanschlags auf das UN-Hauptquartier in Bagdad.

Foto: EPA/Andrew GOMBERT

New York - UNO-Generalsekretär Kofi Annan kritisierte in seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung in New York die USA in ungewöhnlich deutlicher Form. Er verurteilte Militäreinsätze ohne Legitimierung durch die UNO wie den Irak-Krieg. Ein derartiges Vorgehen könne wieder das Gesetz des Dschungels über die Welt bringen, sagte er am Dienstag. "Meine Sorge ist, dass diese (Haltung), wenn sie akzeptiert würde, einen Präzedenzfall schaffen könnte, der zu einer starken Zunahme des Einsatzes einseitiger Gewalt ohne Rechtsgrundlage führt, mit oder ohne glaubwürdige Rechtfertigung", sagte Annan.

UNO bei Gewaltverbot an "Scheideweg" angelangt

Bisher sei der Artikel 51 der UNO-Charta, der das Recht auf Selbstverteidigung als Ausnahme aus dem völkerrechtlichen Gewaltverbot regelt, allgemein so verstanden worden, dass Staaten für rechtmäßige Kriege die "einzigartige Legitimation des Sicherheitsrates benötigen". Jetzt sagten "einige, dass diese Übereinkunft nicht länger haltbar ist". Damit sei die UNO bei einem "Scheideweg" angelangt. Annan sprach sich zugleich für eine grundlegende UNO-Reform aus.

Chirac will US-geführten Irak-Krieg scharf kritisieren

Der französische Präsident Jacques Chirac will seinen Auftritt vor der UNO-Vollversammlung am Dienstag zu scharfer Kritik am US-geführten Irak-Krieg nutzen. "In einer offenen Welt kann sich niemand isolieren, niemand kann allein im Namen aller handeln und die Anarchie einer Gesellschaft ohne Regeln akzeptieren", zitierten Vertraute voraus aus seiner Rede. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich unterdessen öffentlich hinter Chirac gestellt und die Machtübergabe im Irak an eine Zivilverwaltung innerhalb ganz kurzer Zeit gefordert. Dies müsse auch aus seiner Sicht "innerhalb von Monaten" geschehen, sagte er am Dienstag nach einem Gespräch mit UNO-Generalsekretär Kofi Annan in New York.

Chirac soll gemäß Rede-Entwurf vor der UNO-Versammlung außerdem sagen, es gebe "keine Alternative zu den Vereinten Nationen", die allein die Wiederherstellung der Souveränität im Irak legitimieren könnten. Im Streit um die UNO-Truppen im Irak werde er betonen, die Vereinten Nationen sollten eine multinationale Truppe einsetzen, die "natürlich" vom Staat mit dem größten Kontingent - also den USA - kommandiert werden solle.

Tief greifende Reform für UNO gefordert

Für die UNO forderte das französische Staatsoberhaupt eine "tief greifende Reform". Dazu sollte eine Erweiterung des UNO-Sicherheitsrates um Deutschland, Japan und die großen Länder der südlichen Hemisphäre als ständige Mitglieder zählen. An der UNO-Vollversammlung nehmen 86 Staats- und Regierungschefs, drei Vizepräsidenten und 99 Außenminister teil. Auch die österreichische Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) ist dabei. (APA/dpa/AP)