Ein Engländer wurde als Mädchenmörder von Málaga verhaftet: Das Geständnis des Briten bedeutet für Spanien aber nicht nur die Lösung zweier Mordfälle, sondern auch einen Justizskandal. Der Verhaftete soll in Großbritannien bereits als "Würger von Holloway" verurteilt worden sein.

Mob vor Polizeistation

Als der Mordverdächtige Tony King die Station der Guardia Civil in der Provinz Málaga in Richtung Gefängnis verließ, erwartete ihn eine wütende Menschenmenge. Die Bevölkerung von Coín "begrüßte" den Mann mit Schreien und Steinen. Der 38-jährige Brite hatte zuvor gestanden, in diesem Städtchen die 17-jährige Sonia Carabantes ermordet zu haben.

Drei Jahre vorher hatten sich in Míjas, wenige Kilometer entfernt, ähnliche Szenen abgespielt. Dort galt die Wut Dolores Vázquez - verdächtig des Mordes an der zur Verbrechenszeit 19-jährigen Rocío Wanninkhof. Dolores Vázquez, heute 51 Jahre alt, war die ehemalige Lebensgefährtin der Mutter des Mordopfers. Sie beteuerte stets ihre Unschuld, wurde dennoch verurteilt und sie verbrachte 17 Monate im Gefängnis.

Vor kurzem wurde das Urteil wegen ungenügender Begründung aufgehoben, eine Wiederholung des Prozesses angeordnet und Vázquez entlassen. Das Geständnis von Tony King macht den Mord an Rocío Wanninkhof zum Justizskandal. Sogar die Anklage will nun die Einstellung des Verfahrens beantragen.

Nach offiziellen Angaben ist die Polizei nicht bei der Mördersuche, sondern bei ganz anderen Nachforschungen auf King gestoßen. Nach einer zweiten, von der Presse bevorzugten Version habe seine Exfrau Verdacht geschöpft. Der Verhaftete dürfte ein Serientäter sein.

Außer den beiden Morden an Rocío und Sonia hat er auch drei Vergewaltigungen zugegeben. Sowohl Sonia als auch Rocío - beide traf er auf Dorffesten - wurden mit besonderer Brutalität umgebracht. Sie wurden aber nicht vergewaltigt. King habe Potenzprobleme, vor allem unter Alkohol- und Drogeneinfluss, sagen die Kriminalisten. Sie vermuten daher, dass King die Mädchen tötete, eben weil er sie nicht vergewaltigen konnte.

Frühere Verbrechen

Kings früherer Name soll Tony Bromwich sein, meldet die britische Presse. Vor 20 Jahren habe der "Costa Killer" als "Würger von Holloway" mehrere Frauen überfallen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, bevor er sie missbrauchte. Fünf Jahre habe er dafür im Gefängnis verbracht.

Offiziell wurde bisher nicht bestätigt, dass King mit Bromwich identisch ist. Interpol erklärte nur, dass der in Spanien Verhaftete bereits wegen versuchter Vergewaltigungen und Raubes verurteilt worden sei. Großbritannien hat von Spanien Kings DNA-Probe angefordert, laut britischer Presse sollen ungeklärte Morde untersucht werden.

Spanien will aus dem Fall eine juristische Konsequenz ziehen: Justizminister José María Michavila will in der EU die Einführung eines europaweiten Vorstrafenregisters vorschlagen. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2003)