Nürnberg - 58 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhält Frankreich ein während der deutschen Besatzungszeit nach Bayern gelangtes Kreuzgang-Fragment zurück. Zwei Schwertransporter brachten am Montag die insgesamt 33 Tonnen schweren Marmorteile nach Angaben des Germanischen Nationalmuseum (GNM) von Nürnberg nach Berdoues im Departement Gers. Sie sollen nach Angaben eines Museumssprechers wieder in die Zisterzienser-Abtei eingebaut werden, aus der sie stammen. Die 700 Jahre alten Architekturteile waren seit 1972 im Germanischen Nationalmuseum eingelagert.

Von der Abtei zur Villa

Mit dem Rücktransport nach Frankreich endet eine mehr als 100-jährige Odyssee des Kreuzgang-Fragments. Nach Erkenntnissen des Nürnberger Museums hatten Unbekannte die Marmorteile bereits um 1900 aus der Zisterzienserabtei ausgebaut und zu einer Villenveranda umgebaut. Während der deutschen Besatzungszeit erwarb der damalige Reichsmarschall Hermann Göring über den Pariser Kunsthändler Paul Gouvert die Teile, um sie nach Plänen des Architekten Albert Speer in seinen Besitz in Burg Veldenstein östlich von Nürnberg einbauen zu lassen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fiel der Kreuzgang dem Freistaat Bayern zu.

Wahrscheinlich abgepresst

Nach Angaben eines Nürnberger Museumssprechers sind die Umstände, unter denen der Kreuzgang in den Besitz Görings gelangt, nie restlos aufgeklärt worden. Als sicher gelte zwar, dass Göring das Fragment gekauft habe. "Wie viel er dafür bezahlt hat, ist aber heute nicht mehr nachzuvollziehen", berichtete ein Sprecher des GNM. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Teile abgepresst worden seien. "Einem Göring hat man damals nicht widersprochen", machte der Sprecher deutlich. Dafür spreche auch, dass der Kreuzgang von Berdoues in der Nachkriegszeit auf einer Liste mit Rückgabeforderungen Frankreichs gestanden habe. (APA/dpa)