Wenn de Hoop Scheffer (gesprochen "S-Cheffer") am 1. Dezember in die Bündnisbaracken im Brüsseler Stadtteil Evere zurückkehrt, in denen er schon von 1978 bis 1980 als Jungdiplomat arbeitete, hat er ein schwieriges Erbe von seinem schottischen Vorgänger George Robertson zu übernehmen.
Erstens: Alle Nato-Länder außer den USA und in gewissem Maße Großbritannien und Frankreich sind bei Rüstung und Militärorganisation auf dem veralteten Stand des Kalten Krieges. Zweitens: Im Antiterrorkampf ließ die Bush-Regierung die alte Allianz der 19 links liegen, obwohl die Nato erstmals in ihrer Geschichte den Bündnisfall ausgerufen hatte. Drittens: Im Vorfeld des Irakkriegs brachten Belgien, Frankreich, und Deutschland die Nato an den Rand der Spaltung.
In dieser Krise empfahl sich de Hoop Scheffer offenbar als Nato-Generalsekretär. Sein Land stand in Treue fest zu den USA, aber nie so demonstrativ wie Spanien oder Italien. Der ehemalige Reserveoffizier der niederländischen Luftstreitkräfte vermittelte vielmehr emsig. De Hoop Scheffer ist zutiefst von der Notwendigkeit der transatlantischen Verteidigungskooperation überzeugt. Er ist ein Atlantiker alter Schule und der dritte Niederländer an der Nato-Spitze.
Als Außenminister eines EU-Gründerstaats hindert ihn das aber nicht, auf einer Stärkung der EU-Verteidigungspolitik zu beharren, als Ergänzung zur Nato eben. Er ist sich auch - wie sein Vorgänger - bewusst, dass die Europäer im Bündnis und das Bündnis als solches nur eine Chance haben, wenn sie aktiv in ihre Fähigkeit zur Krisenintervention investieren. Schon am 15. Oktober, beim Premierenauftritt der Eingreiftruppe "Nato Response Force" in den Niederlanden, wird das wieder allen plastisch vorgeführt werden.