Das Europaparlament wird am Mittwoch über einen Richtlinienvorschlag zur "Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen" abstimmen, der bereits seit Monaten für heftige Debatten sorgt. Der Entwurf zielt darauf ab, das geistige Recht an Computerprogrammen zu schützen, wenn diese eine technische Anwendung finden – etwa bei Werkzeugmaschinen, Mobiltelefonen, Waschmaschinen oder EDV-gesteuerten Bremssystemen.

"Reine Software"

Damit solle der derzeit auseinanderdriftende und wettbewerbsverzerrende Ideenschutz in der EU vereinheitlicht werden, erläuterte der CSU-Abgeordnete Joachim Würmeling. "Reine Software" solle dagegen in der EU auch weiterhin nicht patentierbar sein und nur durch das Urheberrecht geschützt bleiben. Verhältnisse wie in den USA und Japan, wo Patente auf Software-Programme zu Quasi-Monopolen riesiger Konzerne führten, würden durch diese Richtlinie nicht geschaffen.

"Hier soll nicht nur die Mausefalle geschützt werden, sondern auch die Idee der Mausefalle".

Gegner der geplanten Regelung sehen dies anders. In der Praxis seien Software und ihre Anwendung in bestimmten Geräten nicht zu trennen, betonte der Grünen-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit am Dienstag vor Journalisten. Die "logische Konsequenz" der Richtlinie werde ein Patenschutz auch auf Software sein – also auf Ideen, warnte auch die österreichische Grüne Mercedes Echerer. "Hier soll nicht nur die Mausefalle geschützt werden, sondern auch die Idee der Mausefalle". Nutzhaber eines solchen Patenschutzes würden große Konzerne sein, vor allem US-amerikanische und japanische Unternehmen.

"Status des menschlichen Wissens"

Es gehe hier um den "Status des menschlichen Wissens", warnte auch der französische Sozialist und ehemalige Regierungschef Michel Rocard. Eine Computer-Software sei eine "Ansammlung mathematischer Formeln", neue Programme basierten oft auf hunderten alten. Wer diese Entwicklung durch Patente bremse, verhindere die Verbreitung des Wissens. Mit einem Marsch vor das Europaparlament protestierten am Dienstag rund hundert Demonstranten – darunter viele Programmierer – gegen das Vorhaben.

Nach Angaben des Anbti-Globalisierungsnetzwerks Attac gibt es bereits über 30.000 Patentanmeldungen, die mit der Umsetzung der geplanten Richtlinie EU-weit wirksam würden. Für unabhängige Programmierer oder kleinere Unternehmen wäre es dann praktisch unmöglich, neue Software zu entwickeln, ohne hohe Lizenzgebühren zu zahlen, warnte ein Sprecher von Attac. Für viele der Betroffenen würde sich dies "existenzbedrohend" auswirken.

Über 80 Änderungsvorschläge

Nach der Abstimmung in erster Lesung, für die über 80 Änderungsvorschläge vorliegen, geht die Vorlage an den EU-Ministerrat. Das Europaparlament hat in dieser Frage ein Mitspracherecht. Parlament und Rat müssen sich also auf einen Kompromiss einigen. (APA)