Eurostat-Affäre: Summen zwischen sieben und 25 Millionen Euro veruntreut - Abgeordnete im Europäischen Parlament fordern Konsequenzen
Redaktion
,
Straßburg/Brüssel
– Einige EU-
Parlamentarier fordern den
Kopf von EU-Kommissaren,
die Mehrheitsfraktionen vorerst nur Reformen, EU-Kommissionspräsident Romano
Prodi lehnt Rücktritte ab.
Beim seinem Auftritt vor den
Fraktionsvorsitzenden des Europäischen Parlaments wurde
das Ausmaß des Skandals um
Veruntreuung, Schlendrian
und schwarzen Kassen im
Umfeld des EU-Statistikamtes
Eurostat klarer. Von sieben bis
25 Millionen Euro an abgezweigten Geldern war in
Straßburg die Rede.
Von so hohen Summen war
in den Auszügen aus den drei
Untersuchungsberichten der
EU-Kommission, die der Öffentlichkeit am Donnerstag
zugänglich gemacht wurden,
allerdings nichts zu lesen: Sowohl der Interne Auditdienst,
als auch das Anti-Betrugsamt
Olaf und eine extra eingesetzte Einheit aus Olaf-Ermittlern
und Beamten der Disziplinarabteilung Idoc hatten Kurzfassungen ihrer Zwischenergebnisse geschrieben.
"Verharmlosend"
"Verharmlosend" im Vergleich zu den vollständigen
Berichten, beschwerte sich
die ÖVP-Delegationsleiterin
im EU-Parlament, Ursula
Stenzel. Doch genauso wenig
wie ihr Fraktionschef Hans-Gert Pöttering von der CDU
verlangt sie Rücktritte von EU-
Kommissaren – anders als Liberalen-Chef Graham Watson,
der EU-Währungskommissar
Pedro Solbes politisch in der
Verantwortung für den Eurostat-Skandal sieht.
EU-Kommissionspräsident
Prodi sieht hingegen Solbes als Opfer von Desinformation
durch den mittlerweile entfernten Eurostat-Generaldirektor Yves Franchet und
lehnte politische Konsequenzen für seinen spanischen
Kollegen ab. Auch Budgetkommissarin Michaele
Schreyer und Verwaltungskommissar Neil Kinnock sei
kein Vorwurf zu machen.
Prodi im EU-Parlament
Prodi begann seine Verteidigungsrede in Straßburg mit einer Geste der Zerknirschung
im Rückblick auf das Schicksal der 1999 über Betrügereien
und Vertuschungsversuche
gestürzten Vorgängerkommission unter Jacques Santer: Er
empfinde "Traurigkeit, dass
das gesamte Kommissarskollegium so viel Energie in die
Reform unserer Institution gesteckt" habe, "nur um Zeuge
einer Wiederholung dessen zu
werden, von dem wir zutiefst
hofften, dass es wirklich und
wahrhaftig der Vergangenheit
angehört", so Prodi. Dennoch
sei die Krise kein Beweis dafür, dass die Reformen der EU-
Kommission gescheitert seien.(DER STANDARD, Printausgabe, 26.9.2003)
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