Geringere Margen = geringere Rabatte = schwere Zeiten für Händler und Neuwagenverkäufer

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Wien - Am kommenden Mittwoch treten EU-weit neue "Spielregeln" in Kraft, durch die Verkauf und Reparatur von Autos vollkommen neu organisieren werden. Autos werden - entgegen den Wünschen der EU-Kommission - in Österreich zwar nicht billiger, aktuelle Neuwagen werden sich sogar eher verteuern. Grundsätzlich soll es aber für das gleiche Geld besser ausgestattete Autos geben. Dies sagte Felix Clary und Aldringen, Sprecher der österreichischen Autoimporteure am Donnerstag.

Kaum Veränderung des Preisniveaus

"Am Preisniveau für Neuwagen wird sich nicht viel ändern", prophezeite Clary wenige Tage vor Inkrafttreten der neuen "Gruppenfreistellungsverordnung" (GVO). Die Argumentation: Im Zug der EU-Reform wurden die Autohändler-Verträge neu abgeschlossen, die bisher mit relativ hohen Margen gesegneten Händler in Mitteleuropa mussten dabei Verträge mit geringeren Grundspannen schlucken. Als Folge davon wird es zu einer "Absenkung des Rabattniveaus bei aktuellen Modellen" kommen, erwartet Importeurssprecher Clary. Was faktisch eine Verteuerung der Neuwagenpreise bedeutet.

Aber: Die Autos bekämen schon in der Serienausstattung wesentlich mehr Extras mit "ohne dass der Kunde dafür zahlen muss". Als Beleg für diese These verglich Clary die Serienausstattung des neuen Golf mit jener seines Vorgängers Golf IV und kam zum Schluss, dass der Golf IV bei der Markteinführung 1997 um 750 Euro teurer als sein soeben vorgestellter Nachfolger gewesen wäre - hätte man damals die gesamte Ausstattung des Golf V dazukaufen müssen. Weiterhin vergleichsweise billig bleiben Sonder-Editionen, von bereits in die Jahre gekommenen Pkw, die vor dem Modellwechsel oder dem Auslaufen noch auf dem Markt untergebracht werden.

Werkstattpreise unter Druck

Bei Reparatur und Service erwarten die Importeure, "dass die Werkstattpreise tendenziell unter Druck kommen werden". Zum einen müssen die Automarken laut den neuen EU-Regeln jeden als autorisierten Werkstättenpartner akzeptieren, der die vom Hersteller geforderten Qualitätsstandards erfüllt. Die Zahl der Markenwerkstätten wird daher wachsen, um wie viel wollte Clary vorerst nicht einschätzen. Zum anderen verbessert die EU die Position der freien, also nicht markengebundenen Werkstätten. Diese würden sich durch Billigangebote im Wettbewerb positionieren, was "zur Störung des Preisgefüges" sowie zu "Ertragseinbußen" bei den Markenwerkstätten führen werde, sagte Clary.

Die befürchteten gravierenden Einschnitte im Händlernetz hat die Umstellung auf die neuen EU-Regeln nicht mit sich gebracht, meinte Clary. Über 90 Prozent der Markenhändler würden bis 1. Oktober wieder einen Vertrag bekommen, schätzt der BMW-Österreich Chef Clary unter Berufung auf eine aktuelle Umfrage in der Branche.

Brennpunkt Gruppenfreistellungsverordung

Die neue Gruppenfreistellungsverordnung, die rein formell bereits vor einem Jahr Gültigkeit erlangte, tritt faktisch per 1. Oktober 2003 in Kraft. Es handelt sich dabei um ein "Kartell", das freilich von der EU genehmigt und weniger eng ist, als die 2002 ausgelaufene alte GVO. Die neuen Regeln sollen nach den Vorstellungen der EU eine Lockerung der bisher engen Beziehungen zwischen Herstellern und Markenhändlern/-werkstätten und mehr Wettbewerb bringen.

Die Reform soll es den Händlern künftig erleichtern, mehrere Marken anzubieten. Auch eine Trennung des Handels- und Werkstättennetzes sowie ein Ende des Gebietsschutzes in der bisherigen Form wird angestrebt. In zwei Jahren soll es nach den derzeitigen Plänen eine komplette Niederlassungsfreiheit für Händler geben - das heißt, dass etwa Markenhändler aus einem EU-Land in jedem anderen Mitgliedsland eine Filiale eröffnen können. Dagegen werde man bei der EU aber noch "massiv lobbyieren", kündigte Clary an.

AK stellt Kartellverfahren in den Raum

Wien (APA) - Die Arbeiterkammer (AK) hat angekündigt, sowohl in Österreich als auch in der EU die Einleitung eines Kartellverfahrens zu betreiben, sollte es nach der Einführung der neuen EU-Regeln für den Autohandel tatsächlich zu höheren Preisen kommen. Die Aussagen des Sprechers der österreichischen Autoimporteure, Felix Clary vom Donnerstag seien aus "wettbewerbsrechtlicher Sicht problematisch", die AK werde den Markt "genau beobachten", erklärte die Organisation in einer Pressemitteilung.

Die KfZ-Branche wolle die neue Gruppenfreistellungsverordnung "zum Nachteil der Konsumenten auslegen": "Es kann nicht angehen, dass die Liberalisierungsziele der EU-Verordnung durch ein Zusammenspiel der KfZ-Branche letztendlich in einer Preiserhöhung enden."

Der ÖAMTC erwartet durch die neue GVO weder eine "schlagartige" Verbilligung noch massive Verteuerungen. Langfristig werde es aber sehr wohl Vorteile für den Konsumenten geben, "auch wenn der Handel kurzfristig mit Preiserhöhungen reagieren sollte", so die Verkehrswirtschaftsexpertin des Autofahrerklubs, Elisabeth Brugger-Brandau. (APA)