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Foto:Reuters/ ARND WIEGMANN
Standard: Ist die Eiszeit zwischen Deutschland und den USA nach dem Gespräch Schröder–Bush beendet?

Voigt: Ja. Dass sie wieder miteinander sprechen werden, habe ich erwartet. Dass das Gespräch so gut verlaufen ist, hat mich gefreut.

Standard: Aber im Wahlkampf war das anders.

Voigt: Zu dem Zeitpunkt waren Wahlkämpfe in Deutschland und den USA. Und Wahlkämpfe sind nicht die besten Zeiten für differenzierte außenpolitische Argumentation. Das kann ich als ehemaliger Wahlkämpfer und Außenpolitiker sagen.

Standard: Hat man nach dem Zwist die Kraft, das transatlantische Verhältnis zu erneuern?

Voigt: Es bewegt sich wieder in Richtung Freundschaft, insofern wird es wieder wie früher. Andererseits ist es anders. 50 Jahre lang war das transatlantische Verhältnis vom Kalten Krieg mit Berlin als Zentrum dessen geprägt. Heute sind die Krisen außerhalb oder am Rande Europas. Deutschland ist gefragt, zur Lösung dieser Krisen beizutragen. Der Mauerfall und die Anschläge vom 11. September 2001 führen dazu, dass es nicht um die Beschwörung der alten Gemeinsamkeiten sondern um einen neuen Atlantizimus geht. Für diesen war das Treffen ein Auftakt. Es geht also um einen neuen Frühling in den transatlantischen Beziehungen.

Standard: In Berlin wurde betont, man sei gleichberechtigter Partner der USA. Ist das ein neues Selbstbewusstsein?

Voigt: Wir sind gleichberechtigt, aber nicht gleich mächtig. Wir sehen uns als Vertreter einer selbstbewussten Demokratie.

Standard: Werten Sie die Rede von Bush vor der UN als Zeichen, dass er abgeht vom Unilateralismus, andere stärker einbezieht?

Voigt: Dass man andere stärker einbeziehen will, habe ich eindeutig herausgehört. Dass das eine Hinwendung in Richtung Multilateralismus sei, so wie wir ihn in Europa verstehen, halte ich für eine zu optimistische Interpretation.

(DER STANDARD, Printausgabe 26.9.2003)