Der Schicksalstag war ein Mittwoch: Im "Braunen Haus" am Münchner Königsplatz treffen sich am 29. September 1938, 13.45 Uhr, die vier Staats- und Regierungschefs und beraten über die Tschechoslowakei - ohne einen Vertreter aus Prag. Hitler erklärt, die "unterdrückten Sudetendeutschen" müssten "befreit" werden. Drei Tage zuvor hatte er im Berliner Sportpalast betont: "Es ist die letzte territoriale Forderung, die ich in Europa zu stellen habe."
Hoffnung auf Frieden
Mussolini pflichtet bei, Chamberlain und Daladier zögern. Es ist nach Mitternacht, als sie einem Papier von Mussolini schließlich zustimmen. International weckte das Abkommen zunächst Hoffnung auf Frieden. "Wir waren froh, dass es keinen Krieg gibt", erinnert sich der damalige Attache im Auswärtigen Amt, Walter Schmid. "Wir wussten ja nicht, dass Hitler andere Pläne hatte."
Prag muss fast 29.000 Quadratkilometer abtreten, auf denen 2,6 Millionen Deutsche und 730.000 Tschechen leben. Präsident Edvard Benes geht am 22. Oktober 1938 ins Exil nach London. Tausende verlassen die Region, darunter Juden und sudetendeutsche Sozialdemokraten. Sie fürchten einen Nazi-Terror, der bald das ganze Land überziehen wird.
Einmarsch in Prag
Doch Hitler gibt sich mit diesem Erfolg keineswegs zufrieden. Mit der Begründung, dass die deutsche Minderheit durch die Tschechen unterdrückt wird, lässt der Diktator die Truppen der "Wehrmacht" im März 1939 in Prag einmarschieren. Der tschechische Landesteil wird zum "Protektorat Böhmen und Mähren", die Slowakei wird als "Marionettenstaat" unter den "Schutz des Deutschen Reiches" gestellt. Angesichts dieser offenen Aggressionen entschließen sich die Regierungen in London und Paris zu einer gemeinsamen Garantieerklärung für Polen, das ebenfalls vom Deutschen Reich bedroht wird.