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Öl soll sich im Vergleich zum derzeitigen Preisniveau sogar verbilligen

Foto: EPA/Honda
Der jüngste Anstieg der Rohölpreise wird nur ein temporäres Phänomen sein, mittelfristig dürfte sich Öl im Vergleich zum derzeitigen Preisniveau sogar verbilligen. Sorgen vor dem Abwürgen der langsam anspringenden Konjunktur sind daher unbegründet.

Ehsan Ul-Haq, Ölexperte des internationalen Energiebrokers PVM, sieht keine Faktoren für einen weiteren Preissprung, im Gegenteil: "Vor der Drosselung haben wir erwartet, dass der Ölpreis gegen Jahresende zwischen 23 und 24 Dollar liegen wird. Nun wird er wohl einen Dollar höher sein." Es gebe noch immer mehr Öl am Markt als nötig.

Hauptgründe für die Entwarnung an der Preisfront: Die Rohöllager werden derzeit kräftig aufgefüllt, die weltweite Nachfrage schwächelt noch immer und der Irak kann seine Produktion stärker hochfahren als erwartet. Am Freitag ist der Ölpreis wieder unter 27 Dollar gefallen. Hatte ein Fass am Montag nur 25,47 Dollar gekostet, hatte es sich nach der Opec-Entscheidung bis auf 27,27 Dollar verteuert.

Was dazu kommt: Die Opec habe von April bis September um zwei Mio. Fass mehr auf die Märkte gebracht, als es der Nachfrage entsprochen habe. Daher werde die am Mittwoch beschlossene Drosselung um 900.000 Fass den antizyklischen Lageraufbau in den USA und in Europa nicht stoppen können. Dazu komme die traditionell laxe Quotendisziplin der elf Opec-Länder.

In der Realität werde die Kürzung nur 500.000 Fass betragen. Was dazu kommt: Die Produktionseinschränkung werde erst gegen Jahresende auf dem Markt spürbar. Auch wenn die Opec schon mit 1. November drossle, dauere der Transport vom Nahen Osten in die USA bis zu 50 Tage.

Gleichzeitig gelinge es dem Irak schneller als erwartet, die Ölindustrie anzukurbeln. Ul-Haq geht von einer deutlichen Ausweitung der irakischen Ölexporte aus. "Bagdad konnte die Förderung in den vergangenen Monaten alle vier Wochen um 100.000 Barrel erhöhen, bis Jahresende könnte der Irak bis zu zwei Millionen Fass produzieren." Der Irak, eines der Opec-Gründungsmitglieder, ist derzeit nicht Teil des Quotensystems.

Wetterfühlig

Der einzige Unsicherheitsfaktor für die weitere Entwicklung sei, wie streng der Winter wird. Ein Preissprung sei nur dann drinnen, wenn es wieder so anhaltend klirrend kalt werde wie im Winter 2002/03, der die US-Lager auf kritische Größe habe schmelzen lassen.

Für die hohen Preise im vorigen Winter seien aber auch Sonderfaktoren verantwortlich: In Japan mussten die Atomkraftwerke zu sicherheitstechnischen Überprüfungen abgeschaltet werden, im Dezember fielen die Öllieferungen Venezuelas streikbedingt nahezu aus. (Clemens Rosenkranz, Der Standard, Printausgabe, 27.09.2003)