Fay Weldon
Memoiren eines Teufelsweibs
€ 23,60/ 432 Seiten.
Hoffmann&Campe, Hamburg 2003.

Foto: Buchcover
Eigentlich hätte Franklin Birkinshaw alias Fay Weldon 1931 ja in Neuseeland zur Welt kommen sollen, wurde aber tatsächlich in England geboren. Grund war eines der vielen Zerwürfnisse in der komplizierten Ehe ihrer Eltern. Ihren Vater, der als Arzt (und leider auch Weiberheld) in Neuseeland werkte, sollten sie und ihre Schwester nur in den Ferien zu sehen bekommen.

Die Biografie der späteren Bestsellerautorin ist von permanenter Unsicherheit und Entwurzelung geprägt. Die Mutter musste ihre zwei Töchter allein durchbringen. Sie versuchte es unter anderem mit dem Schreiben von Liebesromanen oder dem Bemalen von Puderdosen. Beruflich ging es der Alleinerzieherin im Zweiten Weltkrieg besser: Da die Männer Neuseelands eingezogen waren, konnte Weldons Mutter erfolgreich die Position des Chefs übernehmen und verdiente mehr. Als der Krieg aus war, landete sie wieder am Fließband einer Keksfabrik.

Unzählige Male wechselte die Rumpffamilie die Wohnungen und die Schulen, in Neuseeland ebenso wie später in England. Sich stets im Schatten der beliebteren und hübscheren Schwester wähnend, blieb Fay nichts anderes übrig, als gut zu lernen und aufgrund ihrer Noten mit einem Stipendium auf die Universität zu gehen.

Die Autobiografie ist vor allem deswegen interessant, weil sie aus weiblicher Sicht horrible Streiflichter auf die 50er-Jahre wirft. In Weldons Jugend gab es weder Aufklärung noch Pille, wohl aber Ärzte, die sich eine Abtreibung durch Beischlaf abkaufen ließen. Humorvoll bis sarkastisch schildert Weldon, wie viel sich Frauen damals gefallen lassen mussten. Und damit ist nicht nur die Arbeitslosigkeit der Akademikerinnen gemeint, die während des Studiums ganz selbstverständlich diskriminiert wurden. Fay, die in diesem Fall von der eher bohemehaften Lebensauffassung ihrer Eltern profitiert, wagt es zudem, das uneheliche Kind eines arbeitslosen Künstlers auszutragen, sucht dann notgedrungen einen Ernährer und landet bei einem Schuldirektor, der sie heiratet, aber keinen Sex will. Stattdessen erwartet er detaillierte Berichte über die aushäusigen Abenteuer seiner Frau, die er diskret verkuppelt. Fay Weldon hat vier Söhne auf die Welt gebracht und wurde allen Widrigkeiten zum Trotz erfolgreich. Kellnerin, Krankenpflegerin, Animierdame, Werbetexterin, Bestsellerautorin - kein Zweifel, sie weiß, worüber sie schreibt. Kein Wunder auch, dass das Leitmotiv ihrer leichtfüßigen Romane verlassene Ehefrauen und deren teuflische Rache ist. Aber trotz der schwarzen Komödie mit Roseanne Barr und Meryl Streep sollte der Band vielleicht doch treffender "Memoiren einer Stehauffrau" heißen. (DER STANDARD, ALBUM, Printausgabe, 27./28. 9.2003)